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Parität bleibt Soll-Vorsatz

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Mann-Frau-Mann-Frau, oder umgekehrt. Theoretisch könnten die Wähler(innen) mit Vorzugsstimmen die strenge Geschlechterparität der grün-alternativen Listen auf Regionalwahlkreisebene über den Haufen werfen. Aber nur theoretisch. Denn Direktmandate sind für die Grünen kaum in Reichweite.

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Mann-Frau-Mann-Frau, oder umgekehrt. Theoretisch könnten die Wähler(innen) mit Vorzugsstimmen die strenge Geschlechterparität der grün-alternativen Listen auf Regionalwahlkreisebene über den Haufen werfen. Aber nur theoretisch. Denn Direktmandate sind für die Grünen kaum in Reichweite.

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Was bedeutet das neue Wahlrecht mit seinen drei Ermittlungsverfahren - 43 Regionalwahlkreise und neun Landeswahlkreise mit Vorzugsstimmensystem sowie ein Bundeswahlkreis (FURCHE 28/1992) - für die Grünen im Parlament? „Es bringt uns keine Probleme, keine Vorteile, es ist nur ein bißchen komplizierter geworden", findet Bundesgeschäftsführer Franz Floss im Gespräch mit der FURCHE.

Der Illusion, in einem der 43 Regionalwahlkreise ein Direktmandat zu erobern, hängt er auch gar nicht an. Dafür wird man sich - die Wiener Landesliste ausgenommen - vor allem auf die vom Bundeskongreß festzulegende bundesweite Reststimmen-Ii ste konzentrieren, auf die der Wähler allerdings keinerlei Einfluß nehmen kann.

Dreifache Absicherung?

Daß dann auf regionaler Ebene nur chancenlose Zählkandidaten die Listen füllen könnten, während sich „Platzhirsche" die Plätze an der Sonne der Restmandatsliste teilen, glaubt Floss allerdings nicht: „Wir haben ja sehr großes Interesse daran, daß wir mit unseren besten Persönlichkeiten vor Ort agieren." Wahrscheinlich ist aber, daß es auf den drei Ermittlungsebenen dafür zwecks Absicherung zu Mehrfach-Kandidaturen kommt, wobei nur festgelegt werden muß, wer im Fall des Falles welches Mandat annimmt. Allerdings: „Da müssen wir selbst noch intern unsere Statuten auf das hin überprüfen."

Am bisherigen Rekrutierungsverfahren der Grünen soll sich daher nichts ändern. Da man auf Länderautonomie hält, wird es daher auch kein bundeseinheitliches Regulativ geben. Die Empfehlung - „wir zwingen die Länder nicht, diesen Vorstellungen per Statut nachzukommen" (Floss) -geht dahin, „während andere jetzt erst großartig Vorwahlen erörtern", die Kandidatenlisten in bewährter Weise

Floss: „Erkleckliche Anzahl von Vorzugsstimmen wäre Signal" (Hopi)

„in offenen Versammlungen zu diskutieren und zu bestimmen", die, vorher ausgeschrieben, auch für NichtMitglieder zugänglich sind. Floss verweist dabei auf das Wiener Beispiel vor der letzten Gemeinderats wahl, bei dem die Hälfte der Versammelten nicht organisiert war.

Wien, speziell der Fall von Christoph Chorherr, dient Floss auch als Beispiel, wie die Grünen Vorzugs-stimmenwahlkämpfe anlegen möchten. Solche Erfahrungen habe man sogar anderen Parteien voraus.

Bei der Listenerstellung selbst werde man von der Geschlechterparität nicht abgehen: „Das ist ja nur ein Angebot unsererseits." Käme es durch Vorzugsstimmen zu einer Umreihung, „dann ist das der Wille der Wählerinnen und Wähler und wir haben das zu respektieren". Was passierte aber für den Fall eines Mandatsverzichts, wenn die Grünen doch auch ein Direktmandat schafften? Etwa auch, wenn die/ der Gewählte ein Reststimmenmandat erhält, oder aus anderen Gründen während der Legislaturperiode verzichtet. Gibt dann die Zahl der Vorzugsstimmen oder der Grundsatz der Geschlechterparität den Ausschlag? Floss möchte das nicht als „dogmatische" Frage betrachten. „Wir haben in unserem Statut eine Soll-Bestimmung: Wenn eine Frau ausscheidet, soll sie möglichst wieder durch eine Frau ersetzt werden." In jedem Fall sei das aber, meint Floss, mit der regionalen Liste'auszumachen. Freilich, „wenn man sieht, daß eine erkleckliche Anzahl von Vorzugsstimmen ein deutliches Signal" setzt, werde man das nicht übergehen können.

„Fortschritt" Wahlalter

Unterm Strich kann sich der Bundesgeschäftsführer der Grünen im Parlament nur über ein Detail der Wahlrechtsreform freuen -und auch das nur eingeschränkt: über die Senkung des Wahlalters. In der Praxis bleibe dieser „Fortschritt" aber höchst bescheiden: Die Erreichung des 18. Lebensjahres im Wahljahr heißt ja für - ordnungsgemäß nunmehr im Herbst 1994 fälligen - Nationalratswahlen nur „eine Senkung um ganze drei Monate". Mehr nicht.

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