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Sieg in Helsinki

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Der Kongreß der Sozialistischen Internationale, der in der letzten Maiwoche in der Hauptstadt Finnlands stattfand, stand ganz im Zeichen der großen westöstlichen Gegensätze. Von israelischer und von amerikanischer Seite wurde versucht, die Vertreter aller anderen sozialdemokratischen Parteien zu einer klaren Stellungnahme für die Forderung Israels nach verstärkter militärischer und moralischer Unterstützung zu gewinnen, und es besteht kaum: ein Zweifel rdaran, daß ein Festhalten an den ursprünglichen scharfen Formulierungen das Ende der Internationale bedeutet hätte.

Unter dem Einfluß der nordischen Länder, aber auch der Vertreter Westdeutschlands, Frankreichs, Österreichs und Kanadas, kam es schließlich zur Vorlage einer etwas verwässerten Resolution, die jedoch im wesentlichen das sagte, was

Golda Meir schon zu Konferenzbeginn gefordert hatte: Klare Stellungnahme für Israel, Verurteilung der russischen Waffenlieferungen an Ägypten und Syrien, Ablehnung der Viermächteverhandlungen um eine Friedenslösung im Nahen Osten und eine Empfehlung direkter Verhandlungen, also genau das, was Israel verlangt. Und was die arabischen Länder und die Sowjetunion ablehnen.

Wie die Konferenz sich den israelischen Standpunkt zu eigen pigime

und bei Stimmenthaltung Schwedens, so war auch Golda Meir die dominierende politische Persönlichkeit in Helsinki.

Der von der Schwedin Alva Myrdal erstattete Bericht von der vollständigen Ergebnislosigkeit der Bemühungen, auf - der Abrüstungskonferenz in Genf zu konkreten Resultaten zu gelangen, erhielt vor

diesem Hintergrund einen noch stärkeren pathetisch-hoffnungslosen Zug. Die Stimme der Friedenssehn-sucht und der absoluten Verurteilung der Aufrüstung wurde übertönt von der Forderung des kleinen, militanten Nationalstaates nach größerer militärischer Stärke und Anerkennung territorialer Okkupationen. „Wenn wieder geschossen wird“, sagte Golda Meir, „dann ist der Suezkanal für uns die weit bessere Grenze.“ Es zeugt von einer nicht unbedeutenden Lebenskraft der Internationale, daß sie Raum hat für so grundverschiedene Auffassungen und Persönlichkeiten, und es weist gleichzeitig auf die tragische Zersplitterung hin, die ihre Rolle in der Weltpolitik heute kennzeichnet. Zwischen Alva Myrdal und Golda Meir klafft ein Abgrund, den keine geschickt gedrechselten Resolutionen überbrücken können.

Für die nordischen sozialistischen Parteien aber bedeutet diese Konferenz eine klare Niederlage: ihre einheitliche Front gegenüber den gro-ßen und brennenden Fragen der Weltpolitik ist zerbrochen; Dänemark und Norwegen haben sich für Israel und gegen die Sowjetunion in einer Frage entschieden, in der sie sich ohne Gefahr hätten neutral verhalten können; Finnland und Schweden stehen jeweils für sich allein. Die nordische Einigkeit ist in Helsinki auf der Strecke geblieben!

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