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Das Übel bei den Mieten

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Ein nicht geringer Teil unserer Landsleute verdankt seinen überdurchschnittlichen Lebensstandard unter anderem dem Umstand, seit Kriegsende keine auch nur annähernd kostendeckende Miete, sondern nur den sogenannten Friedenszins (ein Schilling pro Quadratmeter) bezahlen zu müssen. Einziges Problem bei dieser wunderbaren Wohlstandsvermehrung durch staatliche Mietenregelungen: Wohnen hat natürlich nie bloß einen Schilling pro Quardratmeter gekostet, und irgendwer muß die Diffenenz zu den tatsächlichen Kosten bestreiten.

Dieser „irgendwer" war schnell gefunden, als man nach drei Jahrzehnten realisierte, daß sich die Bausubstanz nicht alles gefallen läßt und die Mieten bei Neuvermietung von Standardwohnungen freigab: Die neuen Mieter. Von den vergleichsweise wenigen neuen Mietern versuchten die Vermieter jetzt zu kassieren, was sie für die Erhaltung der Objekte brauchten, was sie aber bei der großen Zahl der alten Mieter nicht kassieren durften.

Keineswegs überraschende Konsequenz: Die Preise für Neuvermietungen kletterten in für junge Mieter unerschwingliche Höhen.

Das neue, mit März dieses Jahres in Kraft getretene Mietrecht zog daraus aus politischer Feigheit die fälschen Konsequenzen: Statt die Wurzel des Übels zu beseitigen und die künstlich niedrig gehaltenen Altmieten in Stufen sozial verträglich, wo nötig mit Einsatz der Subjektföderung, auf ein kostendeckendes Niveau anzuheben, zog man bei den Neuvermietungen neuerliche Preisobergrenzen ein. Daß es zu diesen Preisen jetzt kein Angebot gibt, sollte endlich nachdenklich machen. Es ist erschütternd, wenn jetzt viele Politiker darunter „leiden". Auch der sonst so unangepaßte und kluge neue SPÖ-Chef Wiens, Michael Häupl, sieht den „Ausweg" in einer weiteren Verschärfung des Mietrechts und seine Ausdehnung auf Eigentumswohnungen. Auch die Androhung der Todesstrafe wird nichts daran ändern, daß Wohnen mehr kostet, als die Politik bereit ist zuzugeben. Solange die Altmieten unangetastet bleiben, wird es kein ernstzunehmendes Wohnungsangebot zum Richtwert geben. Es sei denn, man führt eine staatliche Zwangsbewirtschaftung des Wohnungswesens ein. Den Erfolg kann man in der Ex-DDR anschauen...

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