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STAPO

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Wenn man sie braucht, sind sie nicht zu finden, und wenn sie da sind, will sie keiner. Richtig, von der Polizei ist die Rede. Die hat in diesen Tagen in Österreich bekanntlich kei- ne besonders guten Karten - und in der DDR schon gar nicht. Das ist, zumindest im Falle der ehemaligen Volkspolizei, die alles mögliche war, nur ganz offensichtlich nicht die Polizei des Volkes, auch nur zu ver- ständlich.

Sie verschaffte dem Staat und seinen Funktionären Sicher- heit-und daher war sie eigent- lich immer eine „Staatspoli- zei", gleichgültig, ob sie vor einem Parteigebäude Wache schob oder ob sie die benach- barten Staaten vor der uner- wünschten Ausreise eigener Staatsbürgerinnen schützte.

Nimmt man die Staatsdok- trin genau beim Wort, gab es die Volkspolizei eigentlich gar nicht. Ein Polizist ist nach deutschem Sprachgebrauch weder ein Arbeiter noch ein Bauer, und nur solche bevöl- kerten bis vor kurzer Zeit das Land zwischen Elbe und Oder. Nun hat man in der DDR die „Staatssicherheit", also denje- nigen Teil der Polizei, der auch offiziell sein durfte, offiziell auf- gelöst. Ob da tatsächlich alles aufgelöst wurde und ob damit tatsächlich alles gelöst ist, wagt der Chronist freilich zu bezwei- feln.

Was passiert eigentlich mit den Observierern und Abhör- spezialisten, den Lauschangrei- fern und den Verhörexperten. In der DDR scheint man sie nicht länger zu wollen. Tau- chen sie demnächst in interna- tionalen Detekteien, in kapi- talistischen Bewachungsfir- men auf, gehen sie zu Film und Fernsehen, wo der Bedarf an Agenten aller Art ja unermeß- lich ist? Was ist mit dem Rest der ehemaligen „Staatspoli- zei", die nicht die Partei-Si- cherheit sicherstellte, sondern sich um weniger gesellschaftli- che Dinge zu kümmern hatte!

Wenn der Westdeutschen liebstes Kind, das private Au- tomobil, auch von den Deut- schen der neuen Mitte ange- nommen wird - und daran zweifelt niemand -, dann wird es demnächst reichlich Aufga- ben für die Neo-Vopos geben. So schnell können Computer- konzerne keine automatischen Ampeln liefern, wie der Ver- kehr auf den nostalgischen Straßen der DDR zusammen- brechen wird.

Und außerdem wird es ja, da sich die Volkskammer in Ber- lin anschickt, den Staatssozia- lismus abzuschaffen, bald wie- der bürgerliche Gauner und Übeltäter geben. Alle diejeni- gen, die meinen, daß dies mit einer neuen Religiosität zu tun hat, seien allerdings gewarnt.

Und, falls sie es übersehen haben, zu Christi Himmelfahrt bricht in der Bundesrepublik seit einigen Jahren der Vater- tag aus. Und der ist, wie Einge- weihte wissen, nichts anderes als eine Marktidee der Brannt- weinhersteller.

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