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Statt Subventionen Steuerprüfungen

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Die Stadt Wien, den Volkshochschulen gegenüber mit jährlich rund 22 Millionen Schilling Subvention recht großzügig, hat für die beiden katholischen Bildungshäuser in ihrem Bereich, Lainz und Neuwaldegg, keinen einzigen Groschen übrig. Reinhold Ettel von der Societas Jesu, Leiter des Bildungshauses Lainz, klagt vielmehr über häufiger auftretende Steuerprüfungen. Die 21 kirchlichen Bildungshäuser in ganz Österreich erhalten zusammen pro Jahr wenigstens knappe drei Millionen Schilling an staatlicher Förderung, die drei politischen Akademien der Parteien aber zum Vergleich 35 Millionen.

Ohne finanzielle Zuschüsse ist aber ein Bildungshaus nicht lebensfähig, denn kostendeckende Preise würden die Bildungsangebote für die meisten Menschen unerschwinglich machen. Josef Prüwasser vom Bildungshaus Neuwaldegg, wo die Spesen für die Erhaltung eines Schlosses mit Park hinzukommen, beziffert die Kosten für einen Kursteilnehmer pro Tag (mit Nächtigung und Verpflegung) auf 270 Schilling. Hier muß die Kirche einspringen.

Trotzdem sind die Bildungshäuser der Erzdiözese Wien, zu denen in Niederösterreich noch St. Gabriel in Mödling, Großrußbach und St. Bernhard in Wiener Neustadt zählen, in ihrer Arbeit nicht durch irgendwelche Direktiven eingeschränkt. Eine etwaige Förderung könnte auch keineswegs mit dem Hinweis verweigert werden, es würden hier nur kirchliche Führungskräfte ausgebildet. Vielmehr stehen die Veranstaltungen jedem,

unabhängig von der Konfession, offen. Rund 50.000 Menschen machen jährlich Gebrauch von den zahlreichen Angeboten.

Anlaß für die Zwischenbilanz bot die Vorstellung der ersten Nummer eines „Bildungsanzeigers“ mit 17.000 Stück Auflage, der für jeweils zwei Monate die Veranstaltungen aller fünf Bildungshäuser im Bereich der Erzdiözese Wien ankündigt. Im wesentlichen sollen alle Seminare, Vorträge und Diskussionen zur Persönlichkeitsbildung beitragen und Lebenshilfe geben. ,

Dies geschieht durch Glaubensbildung, Allgemeinbildung, Ehe-, Eltern- und Familienbildung, musische Bildung, aber auch durch die Behandlung aktueller weltanschaulicher Fragen. Natürlich sollte sich die Arbeit der Bildungshäuser auch in einem gesellschaftspolitischen Engagement niederschlagen.

Josef Prüwasser bedauert in diesem Zusammenhang, daß mit einem solchen Engagement immer gleich Parteipolitik in Verbindung gebracht wird. Eine Chance auf eine Subvention sieht er dann, wenn anerkannt wird, daß in den katholischen Bildungshäusern Wiens eine gerade in der Großstadt mit ihrer hohen Alkoholiker- und Selbstmörder rate ungeheuer wichtige, statistisch freilich nicht erfaßbare Lebenshilfe geboten wird, quasi als prophylaktische Aktion. Wann diese Anerkennung erfolgt, steht derzeit leider noch in den Sternen, und das auch nur für den, der an Astrologie glaubt.

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