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Villengespräche

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Der ehemalige tschechoslowakische Parteichef und Staatspräsident Antonin Novotny, der seit Mai 1971 wieder aktives Parteimitglied ist (da die Suspendierung seiner Parteimitgliedschaft aus der Zeit des Prager Frühlings von 1968 aufgehoben wurde), hat sich in die Parteipolitik eingeschaltet. Zusammen mit 65 anderen ehemaligen hohen KP-Funktionären, so dem früheren Landwirtschaftsminister Mestek und dem Exaußen-handelsminister Pavlovsky, kritisierte er die Husäk-Gruppe im gegenwärtigen Parteipräsidium.

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Der ehemalige tschechoslowakische Parteichef und Staatspräsident Antonin Novotny, der seit Mai 1971 wieder aktives Parteimitglied ist (da die Suspendierung seiner Parteimitgliedschaft aus der Zeit des Prager Frühlings von 1968 aufgehoben wurde), hat sich in die Parteipolitik eingeschaltet. Zusammen mit 65 anderen ehemaligen hohen KP-Funktionären, so dem früheren Landwirtschaftsminister Mestek und dem Exaußen-handelsminister Pavlovsky, kritisierte er die Husäk-Gruppe im gegenwärtigen Parteipräsidium.

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Novotny und seine Freunde werfen Gustav Husäk vor, eine parteischädliche Politik zu betreiben. Dies komme nicht erst jetzt zum Ausdruck: schon seit 1967 hätten Husäk und andere, vor allem slowakische Kommunisten eine Fraktionstätigkeit entwickelt, die zu den bekannten Ereignissen des Jahres 1968 geführt hätten. Nach Meinung der Autoren des „Briefes der 66" — wie das Dokument bezeichnet wird — war nicht die sogenannte Konterrevolution schuld an der Entwicklung, sondern gerade diese parteifeindliche Tätigkeit. Sie sei, nachdem Husäk Generalsekretär der Partei wurde, weiter vertieft worden. Husäk und seine Freunde in der Parteiführung (es werden unter anderen Staatspräsident Svoboda, der CSSR-Ministerpräsident Strougal und der Kandidat des Politbüros, Hruäkovic, genannt) hätten der Tschechoslowakei schwere politische und wirtschaftliche Schäden zugefügt.

Es scheint, daß zu den Befürwortern der Novotny-Kritik an Husäk ein großer Teil des amtierenden Parteipräsidiums gehört. In diesem Zusammenhang werden vor allem die Namen des Vorsitzenden der Föderalversammlung Alois Indra, des ZK-Sekretärs und Präsidiumsmitglieds Professor Josef Kempny und auch des heutigen slowakischen Parteichefs Jozef Lenärt genannt. Interessant ist, daß diese Gruppe — unterstützt von den Novotny-Anhän-gern — auch die baldige Abberufung des Staatspräsidenten Svoboda fordert. Ihn soll der Slowake Jozef Lenärt ersetzen. Lenärt war unter Novotny Ministerpräsident und ist nicht — wie zum Teil Husäk und Strougal — durch die Mitarbeit mit den Reformern in der Zeit des Prager Frühlings belastet. Lenärt galt in politischen Kreisen Prags immer als ein Vertrauensmann Novotnys, der — wie es scheint — auch heute noch mit dessen politischem Einfluß auf Staat und Partei rechnet.

Wie aus Prag weiter gemeldet wird, soll jetzt die Stellungnahme der Sowjets abgewartet werden. Husäk soll sich dazu optimistisch geäußert haben. Er hofft, daß Novotny, der seit dem Sturz Chruschtschows mit Leonid Breschnjew verfeindet war, von Moskau nicht unterstützt werden wird. Ob diese Hoffnung der Zentristengruppe aber berechtigt ist, bleibt ungewiß. Schon seit längerem spricht man in Prag offen über die Zusammenkünfte des sowjetischen Botschafters in der CSSR, S. M. Tscherwonenko, mit Novotny in der Villa des ehemaligen tschechoslowakischen Parteichefs.

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