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Im Schatten Novotnys

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viliam MroKy ist das mericwurdige Beispiel einer Mittelmäßigkeit, die früh sich emporgearbeitet hat. Slowake — am 31. Mai 1902 in Bratislava geboren —, noch nicht zwanzigjährig Mitbegründer der KP seiner engeren Heimat und seit 193 8 deren Führer, hat er den Zweiten Weltkrieg im Gefängnis überlebt. Danach rückte er schnell zum stellvertretenden Ministerpräsidenten noch in der bürgerlich-marxistischen Koalitionsregierung auf, war in der volksdemokratischen Regierung Zäpotocky ein Außenminister, der wenig von sich reden machte — er hat diesen Posten eifrig erstrebt, und das war wohl mit Ursache dafür, daß er seinen Vorgänger Clementis mit allen Mitteln aus dem Sattel zu heben suchte und zuletzt an den Galgen brachte. Im März 1953 trat er, als Zäpotocky Gottwalds Nachfolger auf dem Posten des Staatspräsidenten wurde, an die Spitze der Regierung. Er ist während seiner zehneinhalbjährigen Amtszeit stets im Schatten des Staatsoberhauptes und Parteipräsidenten gestanden. Antonin Novotny, der mit Široky zugleich aufrückte, und zwar als Leiter des Parteisekretariats unter und neben Zäpotocky, und der dann im November 1957 in seiner Person die Würde des Staatsoberhauptes und des Parteiführers vereinte, war in jedem’ Moment Široky turmhoch überlegen, dem nichts anrl rf 5 iiKriami irv alc -in cr liorcatn r wenig brillanter Sekundant zu sein. Novotny bestimmte die Richtung. Aus Širokys Walten ragte nur eine Episode heraus, bei der er die Hauptrolle gespielt hatte: eben jene, die im Prozeß gegen Slänsky und Clementis gipfelte.

Sie wurde ihm nun zum Verhängnis. Denn Novotny scheint sich der trügerischen Hoffnung hinzugeben, daß er mit diesem Opfer an die Wölfe den letzten Akt beendet habe und nun auf dem Hrädschin im rettenden Hof sicher sei. Es war aber nur ein vorletzter Akt. Wenn der Mantel fällt, muß auch der Herzog nach. Die Tage Antonin Novotnys als Leitgestalt der Tschechoslowakei sind gezählt.

Der kommende Mann

In den Vordergrund rückt, mit einer Equipe, aus der nur der alte Kämpfer und seit drei Lustren in der Regierung sitzende Vratdslav Krutina weiteren Kreisen schon seit geraumer Frist einigermaßen bekannt ist, ein Mann in der Blüte seiner Kraft, Jozef Lenhart. Arbeiter der Hand, Teilnehmer an der slowakischen Erhebung von 1944 — bei der Slänsky die ersten Sporen erworben hatte gleich Šverma und anderen Opfern Širokys —, Hörer der Moskauer Parteischule während eines denkwürdigen Lustrums nach Stalins Tod, hat er in Bratislava vor kurzem die Nachfolge Bacileks übernommen, als faktischer Parteiführer dieses autonomen Gebiets. Man rühmt Lenart eiserne Energie, hohe Intelligenz und dennoch diplomatische Anpassungsfähigkeit nach. Eines ist sicher: er wird den Chruschtschow-Kurs steuern und die widerstrebenden Überreste der Stalin-Epoche gnadenlos beseitigen. Für die äußere und die innere Politik, für die Wirtschaft und für den Kultursektor, nicht zuletzt auch für die Kirchenfragen in der Tschechoslowakei bedeutet das vielerlei neue Aspekte.

Unter Lenarts Mitarbeitern wird man vor allem seinen Stellvertreter im Ministerialrat, Oldrich Černik, und den an Krutinąs Stelle tretenden Jiri Burian beachten. Der eine wird als Vorsitzender der Plankommission eine schwierige Aufgabe lösen müssen, die sehr durcheinandergerüttelte Wirtschaft in leidliche Ordnung zu bringen; dem andern obliegt ähnliches bei der nicht minder angeschlagenen Landwirtschaft. Für die Weltpolitik aber ist die Prager. Wacheablösung vornehmlich darum- von Interesse, weil sie Chruschtschows ungebrochene Macht über den Ostblock bezeugt.

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