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Der „gute Geist Nassers“?

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Der Feldmarschall trat nach der Juni-Niederlage sofort zurück. Aber er wehrte sich offenbar gegen den Versuch jüngerer Offiziere, Abdel Nasser zu stürzen. Er zog sich auf das Landgut seines Bruders bei Assiut zurück und soll dort mindestens einen Selbstmordversuch

unternommen haben. Als damit begonnen wurde, das Offizierskorps zu säubern, stellte er sich vor seine ehemaligen Untergebenen. Er soll mehrere von ihnen versteckt haben und vor erregten Auseinandersetzungen mit Abdel Nasser nicht zurückgeschreckt sein. Für die amt-

liehe Behauptung, er habe einen Umsturzversuch unternommen, gibt es nicht den leisesten Beweis. Trotzdem schien er dem Diktator gefährlich genug. Am Vorabend der Khar-tumer Gipfelkonferenz wurde er in seinem Haus im Kairoer Vorort Dokki unter Arrest gestellt, und dort verübte er auch angeblich Selbstmord.

Die Kairoer Bevölkerung glaubt offensichtlich weder an die Staats-Streichtheorie noch an den Freitod. Amer genoß nicht nur in der Armee, sondern auch beim „Mann auf der Straße“ große Beliebtheit. Man traute ihm keine überragenden Geistesgaben zu, achtete jedoch seine Treue und sein Gerechtigkeitsgefühl. Er soll viele Verfolgte gerettet haben, ohne jemals in seiner Anhänglichkeit zu Abdel Nasser geschwankt zu haben. Viele hielten ihn für den guten Geist des Diktators.

Auch unter Beiruter Beobachtern glaubt man eher an geplanten politischen Mord. Diese Vermutung wird genährt durch die sehr widersprüchlichen Kairoer Verlautbarungen. Sie sprachen einmal von einem Unglücksfall, ein andermal von Zyankali-Vergiftung. Auch Tag und Stunde des Todes blieben im dunkeln. Sicher ist nur, daß Amer in großer Eile, ohne Teilnahme Abdel Nassers, in seinem Heimatdorf begraben wurde. Kenner der Verhältnisse sehen im ungeklärten Tod des „ersten Nasseristen Ägyptens“ den Anfang vom Ende des Nildiktators.

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