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ABDEL KHALEK HASSUNA / EIN ÄGYPTISCHER PATRIOT

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Bei den Gesprächen, die der westdeutsche Außenminister Brandt in den letzten Tagen über die Wiederaufnahme der 'diplomatischen Beziehungen zwischen Bonn und den arabischen Staaten führte, saß ihm als Gesprächspartner eine der Schlüsselfiguren nahöstlicher Politik gegenüber: Abdel Khalek Hassuna, der Generalsekretär der Arabischen Liga.

Der zweite Generalsekretär der 1945 gegründeten Arabischen Liga ist gebürtiger Kairoer, Jahrgang 1898. Wie die meisten ägyptischen Berufsdiplomaten wurde er zuerst Jurist. Bis 1921 studierte er an einer Rechtsschule und praktizierte anschließend als Rechtsanwalt. An der Universität Cambridge hörte er dann poltische and Wirtschaftswissenschaften und promovierte zum „Master of Arts“. Nach Ägypten zurückgekehrt, ging er in den Staatsdienst. Langsam und unauffällig machte er Karriere; 1949 wurde er Sozialminister, 1952 — in einem der letzten monarchistischen Kabinette — Erziehungsminister und kurz darauf — in einem der ersten republikanischen Kabinette — Außenminister.

An der Spitze der Arabischen Liga stand damals noch Abder-rahman Azzam Pascha. Dieser war Freund und Vertrauter König Faruks, stammte aus einer auf der arabischen Halbinsel beheimateten Beduinenfamilie und war Wahlägypter. Der schwerreiche, hochgebildete und weitgereiste arabische Großbürger war entschiedener Anhänger enger Zusammenarbeit mit dem Westen, Er verabscheute die kleinbürgerlichen nationalistischen Staatsstreichler. Juntachef Gamal Abdel Nasser hingegen fürchtete, der ihm verhaßte Grandseigneur mache eigene Politik und die Ligazentrale zu einem amerikanischen Widerstandsnest. Doch der Pascha sah die Zeichen der Zeit; schon zwei Monate nach dem Umsturz, im September 1952, schied er freiwillig aus dem Amt. Dem panarabisch gesinnten Bürger zweier Staaten folgte der nur ägyptisch denkende Funktionär. Abdel Nasser witterte im Liga-Generalsekretariat das hervorragende außenpolitische Instrument. Sein damaliger Außenminister war der richtige Befehlsempfänger. Vom Zentrum panarabischen Pluralismus wurde die „Regio-nal-UN“ zur Schaltzentrale panarabischer Ambitionen Ägyptens. \bdel Khalek Hassuna machte die Liga so unauffällig, wie nur er es konnte, zum Instrument nas-seristischer Außenpolitik. Zwei weitere Ägypter wurden stellvertretende Generalsekretäre. Ägypter waren auch die meisten Bediensteten in der Zentrale und die meisten Diplomaten im Außendienst.

Das alles gelang dem Generalsekretär, ohne daß er viel redete. Niemand fiel ihm in den Arm. Auf eigene politische Initiativen verzichtete er allerdings völlig, sehr zum Unterschied von Azzam Pascha, und diejenigen anderer Mitglieder würgte er ab, sofern sie ägyptischen Intentionen widersprachen. Dies ist das Geheimnis der politischen Immobilität der Liga in den letzten fünfzehn Jahren. Der inzwischen zum Alleinherrscher avancierte Abdel Nasser zeigte sich dankbar und setzte, 1957, die Wiederwahl seines Schützlings durch. 1962 folgte die zweite Wiederwahl gegen größere Widerstände. Ägypten mußte erst drohen die Liga zu boykottieren.

Abdel Khalek Hassuna feiert bald zwei Jubiläen: Im Herbst 1967 läuft seine dritte Amtsperiode ab, und 1968 wird er Siebzig. Er wird sich kaum noeh einmal wiederwählen lassen. Blickt er auf seine fünfzehnjährige Tätigkeit zurück, kann er — sofern er sie ausschließlich als Funktion ägyptischer Außenpolitik auffaßt — zufrieden sein. Doch dazu ist er sicher zu klug. Er weiß, daß er die arabischen Einheitshoffnungen bewußt für mindestens eine Generation ägyptischen Hegemonieträumen geopfert hat. Für ihn spricht, daß er es mit der Überzeugung des ägyptischen Patrioten tat.

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