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DieDemokratie beginnt morgen

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„Tomorrow we begin our de-mocratic life!“ („Morgen beginnt unser demokratisches Leben!“) Das behauptete Dr. Mohammed Abdel Kader Hatem, Propagandaminister und neuernannter Vizepremier, gegenüber einer Bundestagsdelegation, die gegenwärtig in Kairo weilt. Knapp zwölf Jahre nach seinem Staatsstreich rief Gamal Abdel Nasser zur Wahl und eröffnete eine Nationalversammlung. Aber die Wahl war nicht frei, und das Parlament ist nicht demokratisch. Es gab nur eine Partei, und die Abgeordneten können weder die Regierung stürzen noch Gesetze ablehnen. Das legalistische Schauspiel, das der Bevölkerung und Weltöffentlichkeit vorgeführt wurde, lenkte denn auch nur von den Ereignissen ab, die die bisherige politische Struktur Ägyptens entscheidender verändern, als es Wahl und Parlament vermögen: Abdel Nasser ist nicht mehr Alleinherrscher!

Künftig beruht das politische Herrschaftssystem mehr als früher auf dem komplizierten Bündnis zwischen Armee und Bürokratie, und es ist offen, welche Rolle dem Diktator darin zufällt. Am Vorabend der Parlamentseröffnung wurde die bisherige Exekutivstruktur umgestoßen und eine neue Machtverteilung dekretiert. Abdel Hakim Amer, Feldmarschall und Armeeoberbefehlshaber, der bislang nur einer von sieben gleichberechtigten Stellvertretern war, wurde „Erster Vizepräsident“. Ali Sabri, bisheriger Chef des Exekutivrates, wurde Ministerpräsident. Somit bewachen die Vertrauensmänner der Armee und der Verwaltung die wichtigsten Schalthebel der Macht, und es ist undenkbar, daß Abdel Nasser ihren Willen künftig noch ignorieren kann.

Seitdem sich nicht mehr verbergen ließ, daß das Jemenabenteuer mißlungen, und seitdem feststand, daß die zweite „Vereinigte Arabische Republik“ nicht zu verwirklichen war, konnte der Diktator als „angeschlagen“ gelten. Er allein war es, der gegen den Willen seiner Mitkämpfer durchsetzte, daß in dem südarabischen Königreich interveniert wurde. Und seine eigenen Freunde scheinen ihn auch allein für den vorauszusehenden Fehlschlag verantwortlich zu machen. Die neue Zusammensetzung der Führungsspitze deutet darauf hin, daß die Machtposition der alten Mitkämpfer Abdel Nassers weiter eingeschränkt und der Einfluß qualifizierter Fachminister nicht unbeträchtlich vergrößert worden ist.

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