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Wurde Riad ermordet?

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In Beirut sind die Hintergründe der jüngsten Feuergefechte am Suezkanal, über die die Weltöffentlichkeit noch rätselt, kein Geheimnis. Hiesige politische Kreise wurden nicht überrascht von der diesmal erstaunlich eindeutigen Feststellung der UN-Beobachter, die Ägypter hätten die Kampfhandlungen eröffnet. Ursache dieses — durch den Tod des Generalstabschefs Abdel Moneim Riad — wahrscheinlich schwersten Zwischenfalls seit dem Junikrieg 1967 sei die explosive innerpolitische Lage am Nil. Erstaunlich dabei ist, daß hier nur wenige an einen „natürlichen Tod“ des Offiziers durch Gefechtseinwirkung glauben. Die noch immer brennende Ölraffinerie von Suez beleuchtet möglicherweise wie eine riesige Fackel eine düstere orientalische Tragödie: General Riad war seit dem Ende des Sechstagekrieges Generalstabschef. Er galt als einer der fähigsten ägyptischen Soldaten. Zwischen Abdel Nasser und ihm habe es jedoch seit längerem ernste Meinungsverschiedenheiten gegeben. Der Offizier mißtraute dem Diktator, den er für einen wenig fähigen militärischen und politischen Emporkömmling hielt. Der Regierung warf er vor, sie habe die Krise vom Sommer 1967 provoziert, ohne auf eine bewaffnete Auseinandersetzung vorbereitet zu sein. Nach der Niederlage habe sie sich, vertrauend auf die intensivierten sowjetischen Waffenlieferungen, in weitere militärische Begegnungen hineintreiben lassen. Noch kurz vor seinem Tod soll der

General geäußert haben, die ägyptische Armee sei trotz ihrer neuen Aufrüstung nicht in der Lage, israelische Vergeltungsschläge zu unterbinden. Auch eine zeitweilige Besetzung Kairos könne, falls der Feind sie beabsichtige, kaum verhindert werden. Riad führte, so lassen ägyptische Kreise in der libanesischen Hauptstadt durchblicken, die anhaltende Schwäche der Armee vor allem auf die nach dem Junifeldzug vor knapp zwei Jahren durchgeführten Säuberungen im höheren und mittleren Offizierskorps zurück. Der Generalstabschef sei, nach den gleichen Quellen, gegen eine noch engere ägyptisch-sowjetische Zusammenarbeit und für eine friedliche Lösung des Palästinakonfliktes durch westliche Vermittlung gewesen. Der erzwungene Freitod Abdel Hakim Amers habe ihn tief erschüttert. In letzter Zeit habe sich der Widerstand der Offiziere, welche die Ermordung des Feldmarschalls durch den Geheimdienst „Mochabarat“ nicht verwinden können, um General Riad gruppiert. Dieser sei einer der aussichtsreichsten Anwärter auf die Nachfolge Abdel Nassers gewesen.

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