Anfang schlecht -alles schlecht?

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Eigentlich hätte er noch Schonfrist bis Mitte Mai. Aber das politische Washington spricht bereits von den "schlechtesten 100 Tagen aller US-Präsidenten". Tatsächlich ist die bisherige Bilanz des 45. Präsidenten Amerikas vernichtend: die Gesundheitsreform - sein zentrales Wahlversprechen -geplatzt. Der Muslim-Bann gescheitert. Seine republikanische Kongressmehrheit tief zerstritten.

Auch Donald Trumps bisherige Strategie, für jedes Versagen einen Sündenbock zu präsentieren, bricht krachend zusammen. Zur Erinnerung: Warum er keine Wählermehrheit schaffte? "Fälschung!" Warum überraschend wenig Menschen seiner Angelobung beiwohnten? "Medienlüge!" Warum er in Verdacht kam, im Wahlkampf mit Putin geküngelt zu haben?"Obamas Abhör-Verschwörung!"

Nie zuvor auch war ein Präsident von der Spitze seiner Geheimdienste so peinlich der Lüge geziehen worden -und zudem so massiv zum Feindbild der großen US-Medien geworden.

Sorge um die größte Macht der freien Welt

Um nicht missverstanden zu werden: Es ist nicht die Enttäuschung über das bisherige Scheitern seiner Versprechen, die bei diesen und vielen anderen Zeilen die Feder führt. Es ist die pure Sorge um die größte Macht der freien Welt. Die Aura der Blamage knabbert an Trumps Regierungsfähigkeit -nach innen und außen.

Was mich als Europäer, der US-Präsidenten seit Jahrzehnten beobachtet hat, besonders bestürzt, ist -kurz gesagt - dreierlei: Trumps Charakter, seine Politikgestaltung und die riskante Verlockung, die hinter jedem Scheitern steht.

Zum Charakter: Offenkundig fehlt Trump jede Geduld; er ist dünnhäutig und rachsüchtig. Eine große Nation aber ist anders zu behandeln als das Haifischbecken eines Immobilien-Tycoons.

Zur Politik: Seine Kommunikation via digitale Kurzbotschaften ("Tweets") vernichtet jede Sensibilität. Den Anfängerkurs für das "dealing and wheeling", die stille Mehrheitssuche, hat er nie besucht.

Zur Verlockung: Die Erfahrung sagt, dass mit jeder innenpolitischen Niederlage die Versuchung wächst, außenpolitisch abzulenken und das Volk durch "Bedrohungen" zu solidarisieren. Selbst die angesehene Zeitschrift Foreign Affairs hat für die kommenden Jahre drei große Bedrohungsszenarien identifiziert: Eskalation mit dem Iran bis zur Bombardierung der Atomanlagen; Handelskrieg mit China bis zum militärischen Konflikt; Konfrontation mit Nordkorea bis zum Angriff. Für jede dieser Entwicklungen hat Trump bereits "Gesinnungsfreunde" in seinem Team.

Wer diese Furcht für heillos überzogen hält, der sei an Trumps Wort kurz nach seinem Einzug ins Weiße Haus erinnert: "Wir müssen wieder Kriege gewinnen!"

Gibt es auch Signale der Hoffnung? Ja. Sie wachsen nicht unbedingt aus der Einsicht des Präsidenten. Mehr und mehr aber könnte sich Politik um ihn herum gestalten. Im Kongress, in den Medien, in den Geheimdiensten. Und im US-Wahlvolk.

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