Militarisierte Union?

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Friedensforscher werfen der EU vor, sie mache es den USA gleich, verrate die Vereinten Nationen und strebe nach militärischer Macht.

Die EU hat die Militarisierung als Verfassungsziel festgeschrieben, kritisierte Werner Ruf bei der heurigen Sommerakademie in Schlaining. Als Belege dafür nannte der Professor für Internationale Politik an der Uni Kassel die Verfassungspunkte: Aufrüstungsverpflichtung, globaler Interventionismus, Amt für Rüstung, die Koalition der Willigen - und: "das EU-Parlament hat keine Entscheidungskompetenz über Krieg und Frieden."

So wie die USA verrate auch die EU das von allen Mitgliedsstaaten akzeptierte UN-Gewaltmonopol, sagte Ruf: "Aber nicht die EU, sondern allein der UN-Sicherheitsrat muss über militärisches Engagement in Krisenfällen entscheiden." Ruf unterstellte der Union, sie versuche, wieder ein großer Akteur in der Weltpolitik zu werden und wolle den USA auf gleicher Augenhöhe entgegentreten: "Ich denke aber, dass die Probleme der heutigen Welt andere sind als jene, die man mit militärischen Mitteln bewältigen kann."

Unterstützung erhielt Ruf von Corinna Hauswedell: "Der US-Nationalismus habe einen EU-Gegennationalismus befördert", sagte die deutsche Friedensforscherin. In der EU-Sicherheitsdebatte habe man sich zu sehr auf das Militärische beschränkt: "Abrüstung ist in der EU kein Thema, und wenn Abrüstung einmal vorkommt, dann ist damit immer nur die Abrüstung der anderen gemeint." So wie Ruf stieß auch Hauswedell besonders ungut auf, dass in der Verfassung Interventionen ohne UN-Mandat nicht ausgeschlossen werden. Und obwohl der Einsatz ziviler Mittel hoch gehalten wird, suche man vergeblich eine Formulierung, die militärische Mittel als ultima ratio unlösbarer Gewaltkonflikte definiert.

Willem Frederik Van Eekelen, früherer Generalsekretär der Westeuropäischen Union (WEU) und Mitglied im EU-Verfassungskonvent, kann diese Einschätzung nicht teilen. Bei einem Vortrag in der Landesverteidigungsakademie Wien betonte Eekelen kürzlich : "Es gibt keinen politischen Willen, die EU zu einer Militärmacht aufzubauen." Es sei aber zuwenig, in der EU "immer nur von Verantwortung zu reden, diese aber dann nicht tragen zu können". Eekelen sieht die EU mit der Solana-Sicherheitsstrategie und der EU-Verfassung auf dem richtigen Weg. Ziel, so Eekelen, muss sein, "schnell und, wenn es sein muss, kräftige militärische Interventionen durchführen zu können". Dazu brauche es jedoch noch mehr strategisches Denken, verknüpft mit konkretem Training für Krisen-Szenarien. Eekelen: "Während des Kalten Krieges sagten die Amerikaner der Nato, was zu machen sei - und wir machten es, und wir waren glücklich. Aber das ist kein Modell, für die Probleme der Zukunft."

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