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Bedingungslos in die Westeuropäische Union?

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Don't expect you can do much if you are in. Glaubt nicht, daß ihr hier in Brüssel durch Lobbying in der Sicherheitspolitik der EU viel erreicht! Nach wie vor müßt ihr versuchen, die Politiker eures Landes schon ein bis zwei Jahre vor der anstehenden Entscheidung für eure Anliegen gewinnen." Das stellten Martin Butcher vom NATO Alerts Network und andere Referenten dieser Tage in Brüssel bei der Internationalen Konferenz „The Facts and the Future" über die „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)" fest.

Dazu hatte die schwedische Friedensorganisation SPAS ähnlich engagierte Initiativen aus ganz Europa, die die Entwicklung kritisch analysieren, aber auch mit alternativen Vorschlägen begleiten wollen, nach Brüssel eingeladen. Das „European-Citizens-Action-Service (ECAS)", das Non-Governmental organizations (NGOs) beim Organisieren von Lobbying (FURCHE 17/1994, Seite 2) und Begegnungen mit Entscheidungsträgern unterstützt, mußte -wegen des Themas - erstmals ohne Sponsoren auskommen. Dafür erläuterten einflußreiche Männer aus EU-Gremien, WEU, NATO und Europaparlament ernüchternd ihre -voraussichtlich auch nach der „Maastricht-Revisionskonferenz" 1996 - uneinige Europapolitik.

Giancarlo Chevallard aus der Generaldirektion der EU-Kommissi-on/DG 1 A: „Es ist unmöglich, politische Stabilität zu bewahren, wenn alle sechs Monate die Präsidentschaft des Rates rotiert. Eine demokratische Kontrolle in den verschiedenen Pfeilern der EU fehlt überwiegend." Angesichts der ausgedehnten Entscheidungsbefugnisse des Präsidenten sei dies ein gravierender Unsicherheitsfaktor.

H.G. Poettering, Europaparlamentarier und Vorsitzender des Subkomi-tees für Sicherheit und Abrüstung, skizzierte Vorstellungen einiger Politiker zur WEU-Integration: „Neutrale Beitrittswerber - aber auch Dänemark und Irland - sollten mit ihrem bedingungslosen Beitritt zur WEU dessen volle Integration in die EU nach 1996 ermöglichen." Er stellte fest, daß die EU zur Zeit keine Chance auf einen Sitz im UN-Sicherheitsrat zur Durchsetzung ihrer GASP hat.

SPANNUNGSFELD NATO^WEU

Die Spannungen zwischen NATO und WEU - zum Beispiel zwischen der „Partnerschaft für den Frieden" und Frankreichs Projekt eines „europäischen Stabilitäts-Paktes" -wurden bei Hans Jochen Peters, Leiter der Mittel- und Osteuropa-Abteilung in der NATO, deutlich. Er verteidigte ihre Rolle im Krisenmanagement und bei der Konfliktverhütung. „In Bewegung geratene Strukturen erfordern mobil reagierende Truppen." Willen van Eekelen, der Generalsekretär der Westeuropäischen Union, kritisierte, daß bei Konflikten primär die NATO und dann erst die WEU befaßt würde. Unterschiedliche geographische Orientierungen (ehemalige Kolonien oder der Balkan und Osteuropa), die Nuklccirmacht von zweien der Zwölf, vor allem aber die Angst vor der Unfmanzierbarkeit neuer Aufgaben (etwa einer mobilen Eingreiftruppe) blockieren entscheidende Beschlüsse.

Vor der Europaparlaments-Wahl am 12. Juni wollen daher Wählergruppen gemeinsam ihre Kandidaten bearbeiten, um konkrete Unterstützung zu Initiativen zum Beispiel regen Atomtests und für nichtmi-itärische Friedenssicherung zu erhalten. So arbeitet zum Beispiel Ernst Gülcher, der Koordinator des „European Network Against Arms Trade (ENAAiy am Projekt eines computergestützten Frühwarnsystems („Arms for War") gegen Waffenexporte. Er bestätigte auch, daß der EU-Fonds zur Konversion der Waffenproduktion kaum genützt wird. A exander Langer, grüner Europaparlamentarier aus Südtirol, kritisierte die EU: „Es wird an zu vielen Tischen über Sicherheit debattiert, aber nur an wenigen an Lösungsansätzen gearbeitet. Statt die Neutralen unter Druck zu setzen, sollten diese mit ihren Erfahrungen als Vermittler in nicht-mililärischer Konfliktlösung eine entscheidende Rolle spielen.'

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