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„Visionäre” und „Volksbegehrer”

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Mit 40.000 Unterschriften für die „Weizer Pfingstvision” .(Furche 22/1995) und 200.000 Unterzeichnern des von Tirol ausgehenden „Kirchenvolks-Begeh-rens” (Furche 23/1995) rechnet der Wiener Pastoraltheologe Paul Michael Zulehner. Wenn man das hier vorhandene „Reformpotential” nicht richtig nütze, könnten der Kirche „viele Leute” verloren gehen, meint Zulehner. Er erwartet, daß das Rücktrittsgesuch von Kardinal Hans Hermann Groer „in wenigen Wochen” angenommen wird, und kritisiert, daß die Kirchenleitung in „katastrophaler Weise” auf die Vorwürfe gegen den Wiener Erzbischof reagiert habe.

Wie angekündigt, hat der Wiener Alt-Erzbischof, Kardinal Franz König, das Weizer Papier mit dem Titel „Wir brechen auf” unterschrieben. Begründung gegenüber den Initiatoren: „Weil ich den Eindruck habe, daß ihr ernst machen wollt, den Anfang bei euch selbst zu setzen”.

Wer seinem Beispiel folgen will, muß selbst aktiv werden, um an eine Unterschriftenliste heranzukommen. Das entspricht auch laut Fery Berger, einem der Initiatoren dieses Textes, dem Selbstverpflichtungscharakter des Papiers. Bis 31. Oktober 1995 können Unterschriften an „Weizer Pfingstvision”, Weizberg 13, 8160 Weiz, Fax-Nummer 03172-428664, eingesandt werden.

„Ich rate jedem ab, die Weizer Pfingstvision zu unterschreiben, der sich nicht vorher seiner klaren Option für Solidarität” vergewissert habe, betont Paul Zulehner. Der Text tritt für eine offene und solidarische Kirche, für eine „breite Gesprächsbasis mit den Bischöfen” und die Durchführung einer „Österreichsynode” ein.

Das „Kirchenvolks-Begehren” sieht Zulehner zwar „im vollen Kollisionskurs mit den Bischöfen” (die heikelsten Forderungen betreffen die Aufhebung der Zölibatspflicht für Priester und den Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern), ergänzt aber: „Die Kirche ist so baufällig, daß sie durchaus zwei Baukräne gebrauchen kann”. Der Innsbrucker Religionslehrer und Mitinitiator des „Begehrens” Thomas Plankensteiner sieht wie Zulehner die kirchengesetzliche Grundlage dieses Textes im Kanon 212 des Kirchenrechts, der Gläubigen nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht zuweist, ihre Meinung zum Wohl der Kirche kundzutun. Zulehner meint, eigentlich seien „diejenigen für die Kirche gefährlich, die sich nicht zu Wort melden”.

Sollten Rischöfe argumentieren, daß nur relativ wenige das „Kirchenvolks-Begehren” unterschrieben haben, will Zulehner Untersuchungen seines Instituts veröffentlichen, die belegen, wieviele Katholiken tatsächlich hinter den Inhalten stehen.

Plankensteiner betont, daß die Unterschriften von Kirchenmitgliedern und anderen natürlich getrennt ausgewertet werden. Für das „Kirchenvolks-Begehren” (Auskünfte: 6020 Innsbrack, Salurnerstraße 10, Telefon- und Fax-Nummer 0512-586912) kann nur bis 25 Juni unterschrieben werden.

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