Ein anderes Gesicht von Kirche

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"Aufbruch in ,Stunde 2'" (nach Überwindung der aktuellen Kirchenkrise) propagiert die "Weizer Pfingstvision". Voll aufs Leben geht das Gmundner Pfingsttreffen.

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"Aufbruch in ,Stunde 2'" (nach Überwindung der aktuellen Kirchenkrise) propagiert die "Weizer Pfingstvision". Voll aufs Leben geht das Gmundner Pfingsttreffen.

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Das Thema (katholische) "Kirche" geisterte in den letzten Monaten wie ein Gespenst durch die Medien. Es gab kaum Erfreuliches zu berichten, schließlich gilt auch das "Mediengesetz": "Only bad news are good news." Gleichwohl wollen sich die kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - ohne die Tragik der Ereignisse zu schmälern - mit derlei Schlagzeilen nicht zufriedengeben.

Fery Berger, einer der Väter des "Weizer Pfingstereignisses", schreibt über die derzeitige Situation der katholischen Kirche: "In den momentanen Turbulenzen der österreichischen Kirche zeigt sich immer stärker auch ein anderes Gesicht dieser Kirche. Neben innerkirchlichen Querelen und Machtkämpfen brechen ChristInnen auf und versuchen, eine spirituell-solidarische Kirche zu leben. (...) Weiz ist ein Beispiel dafür. Seit zehn Jahren gehen vor allem junge ChristInnen diesen gemeinsamen Weg." Schon im Jahr 1995 unterzeichneten 26.000 Menschen die "Weizer Pfingstvision", in der es - ähnlich wie beim Kirchenvolks-Begehren - um eine Erneuerung der Kirche ging.

Weiz: Eine Vision Zum 10. Mal findet heuer das "Weizer Pfingstereignis" statt. 3.000 Teilnehmer machten sich letztes Jahr auf den Weg nach Weiz, der größten Pfarre in der Steiermark. Auch heuer erwartet die Besucher ein kunterbuntes Programm: als musikalische Einstimmung wird am Freitag, 29. Mai, die V. Symphonie von Anton Bruckner zu hören sein. Am Pfingstsamstag steht Dr. Kurt Ostbahn nicht nur mit Trost und Rat beiseite, sondern als Star auf der Bühne: beim "Pfinxtrocktackel" darf gesungen und getanzt werden. Das Jugendprogramm am Pfingstsonntag beginnt mit einem Solidaritätsmarsch, anschließend wird zum Pfingstgottesdienst in die Weizbergkirche eingeladen. Am Nachmittag können zahlreiche Workshops zum Thema "Vom Miteinander zum Füreinander" besucht werden: Gemeinsam wird getrommelt, gemalt, gesportelt, diskutiert und die Bibel gelesen. Zeitgleich zu den Workshops wird bei den "Solidargesprächen" die inhaltliche Auseinandersetzung mit Themen wie Armut und Arbeit angestrebt, Konflikte um Alt und Jung werden erörtert und die Dritte-Welt-Problematik besprochen. Vorgestellt wird anschließend das neu gegründete Netzwerk Solidarität, denn "Tendenzen der Entsolidarisierung verstärken sich in unserer Gesellschaft auf allen Ebenen", so Berger. Für die Organisatoren stellt sich daher die Frage, wie eine Gesellschaft ohne einen Grundpegel an Solidarität überleben kann. Es gehe darum zu handeln, das Netzwerk Solidarität könne für viele zu einem Anstoß werden, hofft man in Weiz. "Unsere Hoffnung ist", schreibt Berger, "so zur ,Stunde 2' des Aufbruchs zu kommen."

Nicht nur in der Steiermark machen sich Menschen zu Pfingsten auf den Weg. So bereitet die Katholische Jugend in den Diözesen Innsbruck, St. Pölten und Linz ebenfalls Pfingsttreffen für Jugendliche vor.

Gmunden: Lebensvoll In Oberösterreich lautet das Motto des ökumenischen Pfingsttreffens "Voll das Leben". 1.200 Jugendliche werden heuer von 30. Mai bis 1. Juni in Gmunden erwartet.

Angefangen hat alles 1973, als in Mattighofen an die 300 junge Menschen Pfingsten gemeinsam verbrachten. Seit 1993 wird das Pfingstfest ökumenisch gefeiert, unter dem Motto "Wir mischen mit und setzen Zeichen" trafen sich damals an die 1.000 junge Christen und Christinnen in Kremsmünster.

Themenschwerpunkte in Gmunden sind heuer: "Quellen meines Lebens", "Soziale Gerechtigkeit", "Leben als Mann und Frau", "Kunst und Kreativität" sowie "Gesundheit und Bewegung". Den Veranstaltern der katholischen und evangelischen Jugend geht es darum, Anregungen für eine kreative Gestaltung des Alltags anzubieten. Zielgruppe sind Jugendliche zwischen 14 und 22 Jahren, dementsprechend poppig klingen auch die Namen der Workshops. 70 an der Zahl stehen zur Auswahl, darunter Jonglieren, Klettern, Frauen-Power, Skaten, Selbstverteidigung, Bibelbaustelle u. a.

Beginn der Veranstaltung ist am 30. Mai um 14 Uhr 30 mit einem (nicht näher definierten) "Startevent". Während der kommenden zwei Tage trifft man sich jeweils um 9.00 Uhr zum Morgenlob, dann stehen Kleingruppen und Workshops auf dem Programm. Tanzwütige können abends bei Rave-Musik ausflippen, aber auch Musik zum Kuscheln wird aufgelegt. Am Pfingstsonntag wird um 19 Uhr 30 ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert, anschließend gibt es ein Fest mit Live-Musik.

Das Treffen will die Lust am Leben wecken ("einmal voll das Leben spüren") und zu Zeiten der Stille inspirieren ("ruhig sein", "auseinandersetzen").

Das "all inclusive" Ereignis kostet 470 Schilling, übernachtet wird in Schulgebäuden mit Schlafsack und Matte, auch für das leibliche Wohl ist vorgesorgt.

Mit einem "Abschlußevent" um 11 Uhr 30 endet das Treffen am Pfingstmontag. Dann heißt es wieder "alles Alltag", ... dieser könnte dann vielleicht etwas bunter sein als vor dem Treffen. Interessant ist für Beobachter wie Teilnehmer des kirchlichen Lebens allemal, daß sonntags zwar nur wenige Jugendliche im Gottesdienst anzutreffen sind, Veranstalter von Treffen - wie den eben beschriebenen - jedoch nicht über die Abwesenheit jugendlicher Teilnehmer klagen können. Der Geist weht eben, wo er will.

Weizer Pfingstereignis, 29. Mai - 1. Juni 1998.

Informationen: Weizer Pfingstvision, 8160 Weiz, Weizberg 13, Tel.: 03172/42866 bzw. 03172/2363.

Voll das Leben - Gmunden, 30. Mai - 1. Juni 1998, Informationen: Pfingsttreffen '98 "Voll das Leben", 4021 Linz, Kapuzinerstr.84, Tel.: 0732/7610-3311 bzw. 0732/77 25 15.

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