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Die Zeitschrift "Quart" hat katholische Intellektuelle zur "Aufrichtung der Kirche" befragt. 87 Antworten davon liegen nun als - bedenkenswertes - Buch vor.

Fronleichnamsprozession: Der Priester mit Monstranz deutet, dass es nach rechts weiter ginge - und schaut zornig nach links, weil die Träger mit dem Himmel nach dorthin abpaschen: Schärfer wie in dieser Karikatur von Johann Pumhösl kann man die Kirchenmisere, die von manchen Theologen als "vertikales Schisma" zwischen Hierarchie und Volk bezeichnet wird, kaum darstellen.

Auch die anderen Pumhösl-Cartoons im Büchlein "Maßnahmen gegen den schiefen Turm" lassen an Schärfe nichts zu wünschen übrig - ob nun Bischöfe einen Sarg mit der Aufschrift "Dialog" beräuchern oder eine Kirche als Haus auf einer Schnecke gezeichnet ist. In dem Buch geht es aber nicht um Bosheit, sondern, so der Untertitel, um "87 Impulse zur Aufrichtung der Kirche".

Das Büchlein ist die Zusammenschau einer Umfrage, welche die Zeitschrift Quart, die Akademiker- und Studentenzeitschrift der Katholischen Aktion, vor Jahresfrist gestartet hat: 1961, kurz vor Beginn des II. Vatikanums, hatte die Zeitschrift Wort und Wahrheit eine Rundfrage unter Katholiken des deutschen Sprachraums durchgeführt. Um zwei Fragen ging es damals, die nun - 42 Jahre später von der Quart neu gestellt wurden: Was die vordringlichsten Fragen sind, die sich aus der Situation der Kirche von heute stellen, lautete die erste Frage; die zweite fragte nach Maßnahmen zur Lösung dieser Fragen.

87 Antworten auf diese Fragen hat die Quart-Redaktion unter Federführung von Peter Pawlowsky ins Buch aufgenommen. Ein Gutteil der Autorenliste liest sich wie ein Who's Who der konzilsbegeisterten Generation Österreichs: die Journalistinnen Dolores M. Bauer und Trautl Brandstaller, Erhard Busek, Hubert Feichtlbauer, Philipp Harnoncourt, der Architekt Ottokar Uhl, der Politikwissenschafter Anton Pelinka: auch Evangelische wie Michael Bünker und der Kunstsammler Karlheinz Essl machten mit, aus Deutschland der Münchner Kulturwissenschafter Hans Maier oder die baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan; interessant, dass auch Antworten aus den Reformstaaten kamen - so vom Prager Philosophen Jan Sokol oder dem ungarischen Religionssoziologen András Máté-Tóth. Auch - wenige - "junge" Stimmen finden sich unter den 87 Beiträgen.

"Ein schriftliches Symposion": So charakterisiert Peter Pawlowsky den Strauß an Antworten, der hier vorliegt. Der Herausgeber konstatiert im Vorwort als auffallendste Gemeinsamkeit, dass keine Antwort eine "beruhigende" Auskunft gebe, die Mehrheit spreche "ausdrücklich von einer Krise" der katholischen Kirche aber auch der anderen christlichen Denominationen. Spitzenthema ist, so Pawlowsky, im Gegensatz zu 1961 das Thema Frau. Viele mahnen auch mehr Glaubwürdigkeit ein, und Suche nach Spiritualität ist ebenfalls häufig genannt sowie die Forderung, wieder Dialog in Gang zu bringen.

Besonders interessant ist die Antwort des Psychologen Wilfried Daim, der schon an der Wort-und-Wahrheit-Umfrage 1961 teilgenommen hat. Daim vergleicht seine damaligen Forderungen mit dem, was seither geschah: einiges wurde verwirklicht, anderes (z.B.: Wahl der Bischöfe durch das gläubige Volk) ist unerfüllt wie eh und je.

Neben altbekannten, immer noch auf der kirchlichen Tagesordnung stehenden Anliegen findet man auch Überraschendes - nicht zuletzt in den Formulierungen: Die "Wiedergewinnung der Liebenswürdigkeit des Christentums" sei vordringlich, meint etwa der Münchner Religionsphilosoph Eugen Biser. Und der Rektor der Wiener Ruprechtskirche Joop Roeland spitzt das noch zu: "Die Kirche möge das Lächeln wieder lernen."

Massnahmen gegen den schiefen turm. 87 Impulse zur Aufrichtung der Kirche. Hg. von Peter Pawlowsky. Hermagoras Verlag, Klagenfurt 2004. 200 Seiten, kt., e 12,90

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