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Leben mit Kunst

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Es ist so verlockend, in unserer Beliebigkeitsgesellschaft zu sagen: ,Da, nehmt's den Pinsel und da habt's den Sinn'.” Gunter Damisch, Maler und Leiter der Meisterklasse für Graphik und Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, sprach beim Symposion „Ästhetische Bildung” im Salzburger Bildungshaus St. Virgil über die Bedeutung kreativer Auseinandersetzung mit Kunst und Künstlern für Nicht-Künstler: „Unter dem Anspruch, daß die Kreativität ein Besserungsmittel für eine oft schwer ertragbare Wirklichkeit ist, halte ich das Angebot der Bildungshäuser für sehr wichtig.” Aber: „Es können Mißverständnisse entstehen, wenn sich bei einem Menschen, der viele solcher Kreativitätskurse besucht hat, die Erwartungen verselbständigen.

Dann kann es zu Verletzungen, Ablehnungen und Frustrationen kommen.” Dieses Problem beschäftigte auch den Tänzer und Choreographen Sebastian Prantl: „Es ist für Laien oft schwer zu unterscheiden: Was ist Unterhaltung, was ist Selbsterfahrung oder Therapie und was ist das in der Einsamkeit des Studios wahrhaft abgerungene Kunstwerk.”

Zentral ist für die Künstler die Frage der Übersetzung: „Wenn jemand Runstkurse am Wochenende besucht und dennoch sein Haus in einer häßlichen Farbe gestrichen hat, läuft etwas falsch.” Die Menschen müßten, so Damisch, in solchen Kursen vor allem auf die Verantwortlichkeit für die Gestaltung ihres eigenen Lebensraumes hingewiesen werden: „Die

Bereitschaft, sich auf komplexe, oft schwierige Zusammenhänge in der Kunst einzulassen, ist wichtiger, als um jeden Preis den Künstler in sich realisieren zu wollen. Unsere Gesellschaft krankt nicht daran, daß es zuwenig Künstler gibt, sondern daran, daß es noch immer zuwenig Menschen gibt, die das was sie machen, gerne machen. Jeder Mensch, der seine Sache gut macht, ist eine Beglückung.” - Diese Botschaft zu vermitteln, könnte eine zentrale Aufgabe der Bildungshäuser sein.

Der Gefahr, falsche künstlerische Hoffnungen zu wecken, und der damit verbundenen Verantwortung, ist sich auch Ernst Fürlinger, Studienleiter im Bildungshaus St. Virgil, bewußt: „Wichtig ist es, unsere Einrichtungen als Raum zu begreifen, in dem jemand mit Kunst und Künstlern zusammentreffen kann.” Die Bildungshäuser wollten zwar im künstlerisch-kreativen Angebot wegkommen vom Image „Spanschachteln bemalen”. „Doch auch wir wissen, wie gefährlich es ist, mit dem Anspruch, Kunst vermitteln zu wollen, falsche Hoffnungen auf eigene Künstlerschaft zu wecken.” Gerade aus diesem Dilemma heraus habe sich ja, so Ernst Fürlinger, die Idee zu einem Symposion „Ästhetische Bildung” entwickelt.

Sebastian Prantl wies auch darauf hin, wie wichtig es sei, den Anspruch der Kursangebote in Erwachsenen -bildungseinrichtungen höher an-und vom Beliebigkeitsdenken abzusetzen: „Auseinandersetzung mit Kunst, welcher Sparte auch immer, soll nicht Beschäftigungstherapie bleiben.”

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