Wie die 10. Diözese entstanden ist

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Von der Anfangszeit des Bundesheeres an bemühte sich die Bischofskonferenz um die Einrichtung einer Militärseelsorge. Und Schritt für Schritt wurde die eigene Soldaten-Diözese verwirklicht.

Mit dem Beschluss des Wehrgesetzes am 7. September 1955 wurde die gesetzliche Grundlage für die Aufstellung des Bundesheeres geschaffen. Die österreichische Bischofskonferenz war von dieser Anfangszeit an um die Einrichtung einer Militärseelsorge bemüht.

Obwohl zu dieser Zeit die Gültigkeit des 1933 abgeschlossenen Konkordates umstritten war, gelang es dem damaligen Sekretär der Bischofskonferenz, Alfred Kostelecky, unter Hinweis auf die Einrichtung der Militärseelsorge für die Volkswehr im Jahr 1920 durch den damaligen sozialdemokratischen Staatssekretär Julius Deutsch, die Zustimmung von övp und spö für die Errichtung der Militärseelsorge zu erlangen. Der Ministerrat stimmte in seiner Sitzung am 4. Oktober 1956 der Errichtung der Militärseelsorge im Bundesheer zu. Am 15. Oktober 1956 traten vier Militärseelsorger ihren Dienst an.

Stellvertreter des Papstes

Gemäß dem geltenden Kirchenrecht waren die vollen bischöflichen Rechte eines Militärbischofs beim Papst. Per Dekret vom 21. Februar 1959 wurde der Erzbischof von Wien, Franz Kardinal König, von Papst Johannes XXIII. zu seinem Stellvertreter in diesem Seelsorgebereich, zum "Vicarius Castrensis" (Militärvikar) des österreichischen Bundesheeres, ernannt. Damit war die Militärseelsorge nun auch dem Kirchenrecht gemäß strukturiert.

In der österreichischen Diözesaneinteilung wurde schrittweise durch Verträge zwischen Österreich und dem Vatikan eine Angleichung der Territorien der Diözesen an die Gebiete der Bundesländer erreicht. Somit gab es nun neun Diözesen und die Militärseelsorge im Bundesheer als eigene kirchliche Institution, als "10. Diözese", unter der Leitung des Militärvikars.

Diese Funktion des Militärvikars nahm Kardinal König, trotz seiner zahlreichen anderen Aufgaben, bis zum 7. Mai 1969 wahr. In seiner Amtszeit erfolgte eine personelle und organisatorische Konsolidierung der Militärseelsorge im Bundesheer. Mit 8. Mai 1969 wurde der Diözesanbischof von St. Pölten, Franz Zak, von Papst Paul VI. zum neuen Militärvikar ernannt.

Die Entwicklung des Heeres in der Zeit nach 1973 war geprägt durch das Konzept der "Raumverteidigung". Die erhöhte Bedeutung der Reservetruppen, der "Miliz", sowie die Beteiligung Österreichs an friedenserhaltenden Operationen der Vereinten Nationen. fanden auch in der Konzeption der Militärseelsorge ihren Niederschlag. Die Erhöhung der Zahl der Reserveverbände wie auch die Militärseelsorge bei den un-Kontingenten bewirkten eine verstärkte Einbeziehung von Seelsorgern aus dem zivilen Bereich als Militärseelsorger der Reserve. 1985 wurde erstmalig in der Militärseelsorge ein Pastoralassistent eingesetzt.

Erster Militärbischof

Die Apostolische Konstitution "Spirituali militum curae" durch Papst Johannes Paul II. am 21. April 1986 sah erstmals die Möglichkeit vor, einen eigenen Militärbischof, der einem Diözesanbischof gleichgestellt war, zu ernennen. Seine Jurisdiktion ist zu der des jeweiligen zuständigen Diözesanbischofs kumulativ. Die österreichische Bischofskonferenz machte von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Am 12. November 1986 ernannte Papst Johannes Paul II. den langjährigen Sekretär der Bischofskonferenz, Prälat Alfred Kostelecky zum ersten Militärbischof von Österreich - damit begann ein neues Kapitel in der Geschichte der österreichischen Militärseelsorge. Am 15. April des Jahres 1987 wurde das Militärvikariat in Militärordinariat umbenannt, und es wurden die für die Verwaltung der Diözese notwendigen Organe und Räte gebildet. Soweit es sich um Funktionen handelte, die durch Laien wahrzunehmen waren, zog der Militärbischof hiefür in erster Linie Angehörige der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Soldaten (aks) heran.

Militärbischof Kostelecky war neben seinem besonderen Engagement in kirchenrechtlichen Fragen auch der Kirchengeschichte und der Tradition verbunden. Ihm war es immer wieder ein Anliegen, historische Bezüge aufzuzeigen und die Verbindung zur Gegenwart herzustellen. So wirkte er maßgeblich daran mit, dass das seinerzeitige Bistum Wiener Neustadt, das 1783 aufgehoben worden war, Titularbistum wurde und Papst Johannes Paul II. ihn auf dieses Bistum transferierte. Somit war in seiner Person gleichsam jene Verbindung wiederhergestellt, die zwischen dem ersten Apostolischen Feldvikar der kaiserlichen Armee, Johann Heinrich von Kerens, und dem Bistum Wiener Neustadt bestanden hatte.

Erstmals wurde im Dezember 1988 durch Bundesminister Robert Lichal ein grundlegender Erlass über die "Besonderheiten des Dienstes für Angehörige religiöser Minderheiten" (in erster Linie für Muslime und Juden) verfügt. Waren die bisher ergangenen Regelungen religiöser Angelegenheiten fast ausschließlich für christliche Soldaten bestimmt, so wurde nun für Gläubige anderer staatlich anerkannter Religionsgemeinschaften eine Regelung ihrer religiösen Praxis während ihres Dienstes im Bundesheer erlassen.

Mit dem Tod von Militärbischof Kostelecky übernahm der bisherige Bischofskoadjutor und Generalvikar Christian Werner die Leitung der Diözese. Zu den wichtigsten Anliegen des neuen Militärbischofs zählt die Pastoral. Er beauftragte daher den damaligen Bischofsvikar und jetzigen Militärgeneralvikar Franz Fahrner mit der Erstellung eines Pastoralkonzeptes, das bis zum heurigen Jahr die Leitlinie für die Durchführung der Militärseelsorge bildete. Mit der Herausgabe eines neuen Konzepts in diesem Herbst werden die pastoralen Herausforderungen in einem zukünftigen Bundesheer, dessen Aufgaben sich in den letzten 15 Jahren grundlegend geändert haben, angegangen.

Verhältnis Christ & Soldat

Streitkräfte stellen eine besondere Form staatlicher Hoheitsverwaltung dar. Ihre Stellung in den einzelnen Staaten hat sich stark gewandelt. So war auch die Militärseelsorge nach ihrem Neubeginn 1956 immer wieder miteinbezogen in die Diskussion um das Bundesheer, war immer mit Fragen der Wehrethik, dem Verhältnis Christ und Soldat oder den Bestrebungen zur Einführung eines Wehrersatzdienstes konfrontiert - und hatte in gleicher Weise ihren Anteil an der Entwicklung der Kirche in Österreich zu leisten.

In ihrem eigentlichen Aufgabenbereich, der Seelsorge an jungen Menschen, war sie stets zu einer Auseinandersetzung mit dem geänderten Lebensbild und dem Wertewandel in unserer Gemeinschaft aufgerufen. Hierin lag und liegt aber auch die Chance, Menschen in dieser Altersstufe noch einmal zu erreichen, auch wenn sie sonst vielleicht den Kontakt mit der Kirche verloren hatten. Die Bewährungsprobe des Bundesheeres in einer unmittelbaren Bedrohung des Staates blieb Gott sei Dank erspart.

Für den Einzelnen aber gab es neben den tagtäglichen Sorgen nicht selten große menschliche Probleme und Leid - hier versuchten die Militärpfarrer Hilfestellung zu geben. Die Militärseelsorger teilten aber auch die frohen Stunden wie Taufen, Hochzeiten und andere Schlüsselereignisse im Leben der Soldaten.

Der Autor

ist Oberst im Ruhestand.

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