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Priester in Uniform

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„Sende aus Deinen Geist, und alles wird neu geschaffen werden!“ So ruft die Kirche zu Gott in den Tagen des Pfingstfestes. So ruft aber auch Gott die Kirche und uns alle, die wir durch die Kirche den Geist empfangen haben, so daß er unser Geist geworden ist. Wir Christen sind verantwortlich dafür, aus welchem Geist die neue Zeit und das neue Oesterreich geschaffen werden.

Auch unser Bundesheer ist neu geschaffen worden und in ihm die österreichische Militär-

seelsorge. Noch steckt alles in den Kinderschuhen, darum darf man weder an das Heer noch an die Militärseelsorge Forderungen stellen und Erwartungen an sie knüpfen, die vielleicht noch so berechtigt, aber vorderhand undurchführbar sind. Am guten Willen fehlt es weder im Bundesministerium für Landesverteidigung noch bei den paar Militärseelsorgern, die zur Zeit unsere Soldaten seelsorglich betreuen.

Mögen die Anfänge noch so bescheiden, sein. 6 ‘ haben Sie dennoch eine Reihe erfreuliebgr Erfahrungen gezeitigt. Hier sei an erster Stelle die wirklich allgemeine Ansprechbarkeit der Soldaten erwähnt. Weithin kann man ohne Uebertreibung sagen: sie freuen sich, daß sie endlich ihre eigenen Pfarrer haben. Und dies ist doch wohl auch als eine nicht zu übersehende positive Erfahrung zu werten, daß der Ruf nach einer eigenen Militärseelsorge, den die österreichischen Bischöfe schon längst erhoben haben, nun endlich Erfüllung gefunden hat. Auch ist es nicht zu übersehen, daß die staatlicherseits erfolgte Regelung, daß die Militärseelsorger Uniformträger, „Offiziere des Militärseelsorgedienstes", sind, nicht mehr und nicht weniger bedeutet als eben die rechte Einschätzung der Militärseelsorge; sie ist nicht nur am Rande irgendwie geduldet, sie ist mit eingebaut in den lebendigen Organismus der soldatischen Lebens-, Ausbildungs- und Dienstgemeinschaft, sie gehört wesentlich mit dazu, sie ist nicht zu einem Aschenbrödeldasein verurteilt, sie soll mithelfen, eben den „rechten Geist" in unserer jungen Armee sichern zu helfen. Der Staat und seine Soldaten, die verantwortlichen Stellen des Bundesministeriums und der ganzen Regierung haben mit diesem Einbau und Aufbau der Militärseelsorge in Oesterreich der Kirche zugerufen: „Sende aus Deinen Geist!“

Eine weitere erfreuliche Erfahrung ist das seelsorgliche Herankommen an viele junge Männer, die vielleicht seit ihrem Schulaustritt mit Priester und Kirche keinen Kontakt mehr hatten. Die Aufmerksamkeit und Aufgeschlossenheit der Truppe beim ethischen Unterricht ist gut. Die Teilnahme an den Gottesdiensten ist sehr verschieden, wobei örtliche Verhältnisse oft eine große Rolle spielen. Sehr gut war die Beteiligung an den Ostersakramenten, die trotz der selbstverständlich absoluten Freiwilligkeit in vielen Garnisonen einen vorbildlichen Prozentsatz aufweisen konnte. Hier hat wahrhaft unser allerhöchster Kriegsherr Seinen Geist ausgesandt in herzerfrischender und beglückender Art und Weise.

Natürlich stehen wir erst am Anfang. Und wir werden noch viel intensiver unsere Geistsendung betreiben müssen. Die diesbezüglichen Pläne der österreichischen Militärseelsorge decken sich mit den Plänen und Wünschen des österreichischen Episkopates und des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Es gilt zunächst einmal die Zahl der Militärseelsorger zu vermehren. „Die Ernte ist zwar groß, aber der Arbeiter sind wenige!" Gewiß groß ist bei uns in Oesterreich auch der Priestermangel, leider, und JO bedeutet es für die Bischöfe und ihre Diözesen ein großes Opfer, Priester für die Militärseelsorge abzugeben, aber schließlich waren es ja die österreichischen Bischöfe, die schon vor Jahresfrist die Forderung nach mindestens einem Seelsorger pro Brigade gestellt haben. Ebenfalls war es der österreichische Episkopat, der wiederholt die Errichtung einer exempten Militärseelorge verlangt hat. Daß dieser Plan baldigst zur Durchführung gelangen möge, ist eine wesentliche Vorbedingung für den „Geist" der Heeresseelsorge, ist notwendig, damit eine einheitliche und wirklich auf die Bedürfnisse des Soldaten zugeschnittene seelsorgliche Betreuung durchgeführt werden kann. Gerade in Oesterreich ist die exempte Militärseelsorge altehrwürdige Ueberlieferung. Schon 1534 gab es in Oesterreich eine exempte Militärseelsorge, wenn auch zunächst nur für die Armee im Felde. Seit 1773 hatte der Apostolische Feldvikar die volle Jurisdiktion für Kriegs- und Friedenszeiten. Auch im österreichischen Bundesheer bestand von 1920 bis 193 8 eine exempte Militärseelsorge. Ihre baldige Wiedereinführung ist der sehnlichste Wunsch aller, denen die seelsorgliche Betreuung unserer Soldaten Herzensanliegen ist.

Daneben hat die Militärseelsorge noch eine ganze Reihe anderer Wünsche. Die Ausstattung mit1 Kultgerät, die Beweglichmachung, die Beistellung eines geschulten Hilfspersonals sind ein paar solcher Wünsche, die leider zum Teil wenigstens auf große, ja sogar unüberwindliche Schwierigkeiten materieller Art stoßen. Aber hier soll nur vom „Geist“ die Rede sein. Auch im katholischen Raum ist nicht überall der Geist lebendig, den die Militärseelsorge wünscht und braucht. So mancher glaubt, eine eigene Militärseelsorge sei überflüssig, sei eine Spielerei und Liebhaberei! Die seelsorgliche Betreuung der Soldaten könne leicht „nebenamtlich" besorgt werden. Im Zeitalter der

„Milieuseelsorge“ ist eine solche Auffassung unzeitgemäßer denn je! Wir brauchen auch eine nebenamtliche Militärseelsorge, ja! Vor allem eine vorbereitende! Man male nicht den Teufel an die Wand, wenn ein junger Mann einrücken muß, als ob in der Kaserne Glaube und Sitte unwiderruflich verlorengehen müßten. Gewiß haben die Sorgen mancher Väter und Mütter sowie eifriger Seelenhirten ihre Berechtigung, aber nur von den Gefahren der Kaserne reden, ist eine ungerechte und unvernünftige Einseitigkeit. Ueberall, wo junge Menschen Zusammenkommen, ist ein gewisser Gefahrenherd gegeben, am Arbeitsplatz nicht weniger als in der Kaserne! Ist vielleicht die männliche Jugend zwischen 1945 und 1956 sittlich und religiös besser geworden? Sie müßte aber doch wohl wesentlich besser sein, war sie doch nie in einer Kaserne! Gewiß, in unseren Kasernen sind nicht lauter Heilige, aber auch nicht lauter Unheilige! Und ein Drittes gibt es nicht bei uns, denn für Scheinheilige ist wirklich kein Platz in unseren Kasernen!

Noch ein Wunsch für „nebenamtliche“ Seelsorgshilfe: die Schaffung eines christlichen Verteidigungsethos! Hut ab vor jeder ehrlichen und vernünftigen Friedensbestrebung, sie ist die erste und größte Pflicht jedes aufrechten katholischen Christen. Aber hüten wir uns vor jedem unehrlichen und unvernünftigen Pazifismus! Dies ist geradezu ein Herzenswunsch der Militärseelsorge. r

Es ist für die seelsorgliche Tätigkeit im Bundesheer von entscheidender Bedeutung, daß unsere Jungmänner den rechten Geist mitbringen, um ihren Dienst am Vaterland wirklich gern und aus ethischen Gründen zu erfüllen, statt „nur der Not gehorchend, nicht dem eigenen Trieb“!

Das christliche Verteidigungsethos muß unseren jungen Soldaten vorgelebt werden von allen erwachsenen Christen, Priestern und Lehrern, Politikern und Jugepdführern, dann werden unsere Jungmänner im rechten Geist in die Kaserne kommen, und dann werden auch wir Militärseelsorger ihre Herzen offen finden für unsere Arbeit. Die Landesverteidigung muß Anliegen des ganzen Volkes sein, Verpflichtung und Bedürfnis aus christlichem Denken! Diese Mitarbeit aller, diese „nebenamtliche Militärseelsorge" ist auch ein Wunsch der österreichischen Militärseelsorge im Interesse unserer Soldaten und unseres Volkes, unserer Kirche und unseres Vaterlandes.

Mögen viele für uns und mit uns rufen in diesen Pfingsttagen, „Sende aus Deinen Geist", damit die neugeschaffene österreichische Militärseelsorge sich bewähre im Dienste Gottes und im Dienste Oesterreichs.

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