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Keine Politik ohne die Christen

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Bischof Dr. Franz Zak (St. Pöl- das Jahr 1978 unter das Leitthema ten) predigte vor dem Delegiertentag der Katholischen Aktion in Krems am 6. November. Er betonte u. a.:

Ich habe den Eindruck, daß man heute die Christen in unserem Land zwar umwirbt, die Politik aber ohne sie machen will. Dazu aber können und dürfen wir nicht schweigen. Politik verstehe ich im weitesten Sinn des Wortes als Öffentlichkeitsarbeit und nicht als Parteipolitik. Wir werden und müssen Sorge dafür tragen, daß man in Österreich auf Dauer keine Politik ohne Christen machen kann. Man möge nicht gleich wieder mit dem Schlagwort kommen, das sei politischer Katholizismus. Solche Argumentation verfängt nicht.

Selbstverständlich darf und soll und muß auch der Katholik politisch tätig sein, politische Verantwortung tragen, sich politisch engagieren. Es muß einfach recht und billig sein, auch den Christen jenes Recht einzuräumen, das jeder Österreicher, ob er nun links oder rechts oder in der Mitte steht, für sich als selbstverständlich in Anspruch nimmt: das Recht der aktiven Einflußnahme auf die Politik. Die Erfahrung haben wir reichlich genug gemacht, daß wir von Nichtchristen nicht erwarten können und dürfen, die geeigneten Anwälte der christlichen Sache zu sein.

Eines aber muß uns klar sein: Christliche Politik kann man nicht machen ohne Motivation durch den Glauben, ohne Berücksichtigung und Miteinbeziehung des göttlichen Schöpfungsplanes und das im Gewissen erkennbare und verpflichtende Sittengesetz.

Die christliche Botschaft richtet sich an alle Menschen. Daher haben wir Christen die Pflicht, den Glauben anderen Menschen zu vermitteln und aus der menschlichen Solidarität heraus für eine Gestaltung der menschlichen Gesellschaft im christlichen Sinn zu sorgen. Jeder Christ ist Träger christlicher Politik. Richtig verstanden bleibt christliche Politik daher ein Anliegen der Kirche als , Gemeinschaft aller Gläubigen. Christ und Politik schließen einander nicht aus, bedingen einander, sie sind untrennbar.

Die Kirche hat ihren Heilsauftrag zu allen Zeiten und unter allen Bedingungen zu erfüllen. Heute muß die Kirche, die in Staat und Gesellschaft gegebenen Bedingungen ernst nehmen und sie respektieren. Im demokratisch geordneten Staat können wir Christen nur nach den Regeln der Demokratie politisch aktiv sein. Das kann natürlich zur Folge haben, daß wir Christen Mehrheitsbeschlüsse, die gegen die christlichen Grundsätze verstoßen, hinnehmen müssen, ohne sie bejahen oder uns mit ihnen abfinden zu können. Wir bejahen die Demokratie als politisches System und politische Methode mit dem einzigen christlichen Vorbehalt, daß der Ursprung aller Macht nicht das Volk, sondern Gott ist, daß die Macht des Volkes als delegiert betrachtet werden muß. Daraus folgt, daß auch die Demokratie sich an vorgegebenes göttliches und menschliches Recht zu halten hat.

Die Kirche ist gezwungen, unter Gebrauch aller legalen Mittel immer wieder aktiv zu werden, um ihren Einfluß auf die Gesellschaft geltend zu machen, um die Menschen für ihre Botschaft und ihre Werte gewinnen zu können. Die Hauptlast der Verantwortung trifft hier die christlichen Laien. Das ist in der Pastoralkonstitution „Die Kirche in der Welt von heute” deutlich gesagt. Daraus ergibt sich die Aufgabe der Laien, sich für das Engagement in der Welt fähig zu machen. Darüber hinaus wäre es aber zuwenig, selbst gut zu sein. Es ist ein Gebot der Vernunft, nicht als einzelner die Kräfte zu verzetteln, sondern sich mit anderen zusammenzuschließen und gemeinsam diesem Ziel zuzustreben.

Die Bischöfe Österreichs haben

„Jahr der Familie” gestellt. Die Fa- milie wird heute auch in Österreich in allen Lebensbereichen in Diskussion gestellt. Die Familie wird weithin überfordert, die Belastung des zwischenmenschlichen Bereiches wird oft unerträglich. Eine gesunde Weiterentwicklung unserer Gesellschaft wird aber nur dann möglich sein, wenn die Lebensqualität als Qualität der Beziehung des Menschen mit Gott und mit dem Nächsten verstanden wird.

Eine Gesellschaftsreform ist nicht möglich ohne Gesinnungsreform. Gerade die Familie aber ist am besten dazu geeignet, Motor einer Sozialreform zu sein. Der Heilige Vater hat darauf hingewiesen, daß die Sorge um Ehe und Familie heute eine der vordringlichsten Aufgaben jeden pastoralen Mühens sein muß.

Die Familie als vornehmste Zelle, nicht nur der menschlichen Gesellschaft sondern auch, der Kirche wird vom Zweiten Vatikanischen Konzil „ecclesia domestica”, Kirche im Haus, genannt, in der die Eltern durch Wort und Beispiel die ersten Verkünder des Glaubens für ihre Kinder sind. Jede Initiative auf diesem Gebiet wird und kann sich nur segensreich auswirken für unsere Familien, für unsere Kirche. Bleiben Sie wachsam und hellhörig gegenüber allen Versuchen, die den Religionsunterricht aus unseren Schulen verbannen möchten. Jeder in Österreich soll wissen, daß wir Katholiken, daß unsere katholischen Eltern an ihrem Recht und an ihrer Pflicht, die Kinder religiös zu erziehen, nicht rütteln lassen.

Bleiben Sie nicht untätig dort, wo es gilt, die Würde der Frau zu verteidigen, den Geist der Ehrfurcht und Sauberkeit in den eigenen Reihen und in den Reihen der Jugend hochzuhalten gegenüber der Schamlosigkeit und gewissenlosen sexuellen Ausbeutung, wie sie sich heute allenthalben breit machen und letztlich zu einem niederträchtigen Mißbrauch all dessen führen, was mit Ehre und Würde der Frau zusammenhängt. Lassen Sie die Frauen in diesem Bemühen, das oft genug ein Schwimmen gegen den Strom bedeuten kann, nicht im Stich. Beweisen Sie auch in dem Bemühen um Stärkung und Festigung der unauflöslichen Ehe- und Familiengemeinschaft Ihre Solidarität mit den Frauen. Es ist zu wenig und zu durchsichtig, nach außen hin die Katholiken in unserem Land mit schönen und freundlichen Worten zu umwerben, aber in Gesetzgebung und Handhabung der Gesetze nicht nur zu ignorieren, sondern vor den Kopf zu stoßen.

An die Jugend richte ich die Bitte: bewahrt Euch einen kritischen Sinn gegenüber jenen Freiheitsaposteln, die Freiheit mit Willkür, Hemmungslosigkeit und Gewaltmißbrauch verwechseln. Bewahrt Euch ein kritisches Urteil gegenüber den Predigern einer bindungslosen, normfreien Moral, die am Sinn des Lebens verzweifelt und den jungen Menschen nicht charakterlich festigt, sondern für das Leben untauglich macht. Widersteht der Freizügigkeit und Orientierungslosigkeit eines Pansexualismus, widersteht der überhandnehmenden Rauschgiftsucht, die niemals zu wahrer Freude und Glück führen können, sondern letztlich in der Gosse enden lassen. Als gläubige junge Menschen sollt ihr wissen, daß einzig und allein die Forderungen Jesu Christi unser Leben mit Sinn und Freude erfüllen können, daß nur Er Anfang und Ende in all unseren Überlegungen, Wünschen und Forderungen sein kann, daß Er die Mitte unseres Lebens bleiben muß. Und wenn heute behauptet wird, körperliche Liebe sei nicht nur in der Ehe möglich und solle in das Ermessen jedes einzelnen gestellt werden, dann muß ich dem entgegenhalten: Nichts ist in das Ermessen eines gläubigen Christen gestellt. Vielmehr ist Christus in allem Richtschnur und die Tür, die zu notwendigen Veränderungen führt.

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