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Alte, neue Postsparkasse

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Im Rahmen des sehr bedeutenden „Kredät-wesenpaketes“, das noch während der vorigen Legislaturperiode dem Nationalrat als Regierungsvorlage erreichte, kam dem Postsparkassengesetz naturgemäß weder dem Umfang, noch auch dem Inhalt nach besondere Bedeutung zu. Und doch vermochten seine rund 30 Paragraphen einer altehrwürdigen Institution des österreichischen Wirtschaftslebens ein völlig neues Aussehen zu geben: der österreichischen Postsparkasse. In wenigen Wochen begeht sie den ersten Jahrestag ihrer rechtlichen Selbständigkeit. Aus einem dem Finanzministerium unterstehenden Amt ist sie ein Geldinstitut geworden, das seiner zentralen volkswirtschaftlichen Aufgabe als zweitgrößte Sparkasse und fünftgrößtes Geld- und Kreditinstitut Österreichs leistungsmäßig und organisatorisch voll gerecht zu werden sucht: sind der Postsparkasse doch neben der sicheren, schnellen und billigen Besorgung des Spar- und Überweisungsverkehrs wesentlich Gemeinschaftsaufgaben überantwortet. Als Hausbank des Bundes wickelt das Institut im wesentlichen den Staatsklassenverkehr ab, übernimmt es Kurz- und Langläufer, mittels derer sich der Bund finanziert und ist erheblich an der Markt- und Kurspfiege für Bundesobligationen beteiligt. Auch die Beteiligung an Finanzierungen, die von Ländern und Gemeinden angestrebt werden, die Kreditgewährung unter Bundes- und Landesbürgschaft zeigen die starke Orientierung der Postsparkasse auf öffentliche Aufgabenstellungen hin. Im kurzfristigen Veranlagungsgeschäft, vor allem auf dem Geldmarkt, ist sie aufs engste mit der privaten Kreditwirtschaft verknüpft: wenn sie Zwischenbankeinlagen tätigt, Lombard-und Weohselreeskontkredite gewährt.

Wurde die österreichische Postsparkasse ursprünglich als besondere Dienststelle der Post- und Telegraphenverwaltung konzipiert und hatte sie vor allem dank der organisatorischen Ideen und der genialen Konzeption des heute weltweiten Postscheckverkehrs durch ihren ersten Leiter, Georg Coch, wirtschaftliche Höhepunkte erreicht, so wurde erstmals im Jahre 1927, im Gefolge der Bankenkrise, aus einem Amt ein rechtlich selbständiges Geldinstitut mit einem dreiköpfigen Vorstand und einem Kuratorium (Aufsichtsrat) an der Spitze; die Oberaufsicht kam dem Bundesministerium für Finanzen zu. Im Jahre 1938 als Amt der Deutschen Reichspost eingegliedert, wurde das Postsparkassenamt, das nach der Wiederherstellung der Republik Österreich wieder dem Bereich des Finanzministeriums überantwortet wurde, zunächst aber nicht wieder mit der ursprünglichen Selbständigkeit hergestellt. Erst seit dem 1. Jänner 1970 obliegt die Geschäftsführung wieder einem aus Bundesbeamten zusammengesetzten dreiköpfigen Vorstand.

Noch einer Besonderheit soll gedacht werden: Im Rahmen der mehrjährigen Untersuchungen und Diskussionen des „Debt-Management“-Ausschusses des Beirates für Wirtschafts- und Sozialfragen der Paritätischen Kommission war für die Staatsschuldenverwaltung neben den ministeriellen Kompetenzen ein eigenes, möglichst bankähnüch zu führendes Organ im Interesse der Wirtschaftlichkeit und der gesamtwirtschaftlich bestgünstigen Einordnung der Staatsschuldenpolitik empfohlen worden. Der Gedanke, diese Aufgabe der Oesterreichischen Nationalbank zu überantworten, war unter Bedachtnahme darauf nicht verwirklicht worden, daß die für die Währungsstabilität und das Ansehen des österreichischen Schillmgs im Ausland verantwortliche Institution nicht mit Aufgaben der Schuldenaufnahme belastet werden sollte. In Ermangelung einer Staatsbank wurde daher diese Funktion der österreichischen Postsparkasse überantwortet, als einem rechtlich selbständigen, im Alleinbesitz des Bundes befindlichen Geldinstitut

Maßgebliches Organ der österreichischen Postsparkasse im Rahmen dieses Aufgabengebietes ist ein Unterausschuß des Verwaltungsrates, der sogenannte Staatsschuldenausschuß, der sich aus hervorragenden Fachleuten der öffentlichen Verwaltung und der Kreditwirtschaft zusammensetzt und dem Vorstand der österreichischen Postsparkasse Richtlinien für die Mitwirkung an der Verwaltung der Staatsschuld gibt. Diese besteht darin, daß Untersuchungen des Geld- und Kapitalmarktes anzustellen und darauf gegründete Empfehlungen an den Bundesminister für Finanzen zur Übernahme oder Umwandlung von Finanzschulden des Bundes bezüglich Schuldform, Laufzeit und sonstigen Bedingungen auszusprechen sind.

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