In den bürgerlichen und sozialen Revolutionen des 19. Jahrhunderts
spiegeln sich gegenwärtige Fragen und Herausforderungen wider.
1848/49 ist in diesem Sinn also kein gänzlich abgeschlossenes Kapitel
der österreichischen und europäischen Geschichte.
Zur "vergessenen Revolution von 1848": Im Palais Niederösterreich in Wien wird noch bis 31. Oktober eine vom Österreichischen Staatsarchiv und vom Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung gestaltete Ausstellung gezeigt. Die Ziffer 8 im Logo liegt quer - das mathematische Zeichen für "unendlich" charakterisiert die "Revolution in Permanenz", die aus dem 19. Jahrhundert des Bürgertums, der Wissenschaft und Technik in die digitale Gegenwart von 4.0 reicht. Hier, an diesem historischen Ort, wurden am 13. März 1848 die ersten politischen Reden gehalten, hier trat der "Bauernbefreier"
Er starb vor 80 Jahren, in der Nacht vom 4. zum 5. Juli 1938, im Exil
in Paris. Zeitlebens prägte den Politiker Otto Bauer das Ideal einer
demokratischen deutschen Republik. Seine Geschichte ist jene von
Demokratie und Sozialismus in der "österreichischen Revolution".
In die machtpolitisch brisante Situation platzte der Prager Fenstersturz. Die Kirchenfrage löste den gewaltsamen Protest aus.Am 8. November 1620 fiel am Weißen Berg eine erste Entscheidung, dann ging es Schlag auf Schlag mit Hinrichtungen und Enteignungen großen Stils.Im letzten Akt seiner Staatstragödie "Ein Bruderzwist in Habsburg" verdichtet Franz Grillparzer die in den Dreißigjährigen Krieg führenden Krisenjahre 1612 bis 1620 - ein Drehbuch zur Katastrophe im Zeitraffer: der unfähige Ehrgeiz des Kaiser-Königs Matthias im finalen Konflikt mit dem entrückten Bruder Rudolf, seine
Marx-Biografen übersehen, dass seine Grundanschauung offenbar von der Durchdringung und Ablösung sozioökonomischer Formationen durch den täglichen Anblick der Porta Nigra geprägt war.
Am 13. März 1848 war Violand unter den Demonstranten in der Wiener Herrengasse. Es war die Stunde der 'Doktoren der Revolution' (H. Heine): Mediziner standen an der Spitze der Bewegung.Am 20. Februar 1818 wurde dem k. k. Wegmeister und Straßenbau-Inspizienten Franz von Violand in Wolkersdorf an der Brünner Straße ein Sohn geboren. Der Urgroßvater war ein Kaufmann aus Savoyen, 1766 in den erblichen Reichsritterstand erhoben, ein bürgerlicher Aufsteiger der maria-theresianischen Zeit.Das Zeitalter der Reaktion geriet zum Vormärz, die Inkubationszeit der Revolution. Die junge
Wie es sein wird, wenn wir die Grenze dieses Lebens betreten haben ...- wer kann das sagen? (Adalbert Stifter)"In seiner Erzählung 'Bergkrystall' hat Adalbert Stifter alle Register seiner meteorologischen, glaziologischen und astronomischen Kenntnisse gezogen."Vom St. Stephansturme" blickte Adalbert Stifter 1843 auf die wachsende Großstadt Wien und beschrieb angesichts des neuen Hauptmünzamtes das Verhältnis der bürgerlichen Gesellschaft zu Glück und Geld -"ein blendend Gespenst, dem wir, als wäre es Glück, nachjagen - [] ein rätselhafter Abgrund, aus dem alle Genüsse der Welt
Vom reduzierten Gemäldebestand des Sozialistischen Realismus in der Moskauer Neuen Tretjakow-Galerie bleibt ein Bild im Gedächtnis: "Lenin im Smolny" von Isaak I. Brodski (1884-1939). Ein Sofa, zwei Fauteuils mit Schonbezügen, auf einem Lenin sitzend. Er schreibt nicht auf dem mit Zeitungen bedeckten Tischchen, sondern auf dem Knie mit einem Bleistift "zornige Zettel" (Trotzki) zum bewaffneten Aufstand. Das Smolny-Institut und das benachbarte gleichnamige Frauenkloster (von "smola" - Teer für den Schiffsbau) waren Gründungen der Zarinnen Elisabeth und Katharina II. Diese Bildungsanstalt
Dem Proletariat war er verbunden, in der Verfolgung seiner
revolutionären Ideen konsequent: der Poet und Publizist Georg
Herwegh, Verfechter von Demokratie und Gerechtigkeit, wurde
verherrlicht und gehasst. Am 31. Mai jährt sich sein Geburtstag zum
200. Mal.
Lenins Ankunft am Petrograder Finnischen Bahnhof im April 1917 fiel in die Osterwoche. Im Taurischen Palais verkündete Lenin seine "Aprilthesen" und forderte eine "Änderung des Namens der Partei: Wir müssen uns Kommunistische Partei nennen".
Vor 200 Jahren brachte das Weimarer "Taschenbuch für Damen auf das
Jahr 1817" Gedichte, "versammelt von Goethe": Seine Verehrung des
Islam im "West-östlichen Divan" ging weit über die Orientmode seiner
Zeit hinaus.
Im November 1916, den letzten Lebenstagen von Kaiser Franz Joseph,
dessen heuer ausgiebig gedacht wird, verfasste Lenin seine
wichtigsten theoretischen Schriften, die zur Grundlage der
Oktoberrevolution und so entscheidend für den Weltenlauf wurden.
Viele Orte erinnern an die Kriegsereignisse des Jahres 1866 und die
verlustreiche Schlacht bei Königgrätz. Am 3. Juli jährt sich die
Schlacht, die das Gesicht eines ganzen Jahrhunderts entscheidend
verändert hat, zum 150. Mal. Geschichte einer Niederlage.
Der Balkan ist ein historisch gewachsenes, oft umkämpftes Gebiet mit
undefinierten Grenzen - doch bis heute von politischer und
kultureller Bedeutung. Eine Zeitreise.
In unserer von Hass und Krieg bedrohten Gegenwart den "erbaulichen
und beschaulichen" Friedrich Rückert lesen? Ja, und vor allem: hören!
Die alte Symbiose von Morgen- und Abendland vollendet sich in seiner
Lyrik. Zum 150. Todestag des deutschen Dichters.
Als schlichtes Schreiben war die Deklaration der herrschenden
Monarchien zur Sicherung eines europäischen Friedens abgefasst -
Wirkung zeigt sie dennoch bis heute.
Vor 200 Jahren stach das russische Segelschiff Rurik in See, Zweck
der Reise: die Erkundung der Nordwestpassage. Die Bedeutung der
Weltumsegelung ist auch eine (literatur)historische: Mit an Bord war
der Naturforscher und Dichter Adelbert Chamisso.
Vor 200 Jahren, am 18. Juni 1815, entschied die berühmte Schlacht bei
Waterloo nicht nur das Schicksal Napoleons. "Waterloo war keine
Schlacht, es war der Frontwechsel des Universums", schrieb Victor
Hugo in seinem Roman "Les Misérables".
Bedeutende europäische Großereignisse jähren sich heuer zum 200. Mal.
Zur Neuordnung des Europas, das nach den Napoleonischen Kriegen an
Stabilität verloren hatte, tagte der Wiener Kongress und im März 1815
kehrte Napoleon von Elba nach Frankreich zurück.
Paraden, Manöver und Volksfeste: Der Wiener Kongress zwischen
Revolution und Restauration war vor allem eine Epoche der
Inszenierung, Theater und Malerei gehörten dabei zum Arrangement.
Vor mir liegt der stattliche Katalog, der vom Bundesministerium für Unterricht 1965 veranstalteten Ausstellung "150 Jahre Wiener Kongress", der ersten umfassenden Präsentation einer historischen Epoche. Minister Theodor Piffl-Perc evic´ zitierte im Vorwort Metternichs Selbstkritik: "Mein geheimster Gedanke ist letztlich der, dass das alte Europa am Anfang des Endes ist. ... Zwischen dem Ende und dem Anfang wird es ein Chaos geben." Dieses Wort fiel nicht "in den Tagen und Monaten der schweren Verhandlungen des Kongresses" (Piffl), sondern erst 1830, im Jahr der Pariser Julirevolution und
Festvorstellung am 18. Juni 1814. Ort: Theater am Kärntnerthor. Anlass: Rückkehr des Kaisers Franz aus dem von der österreichisch-preußisch-russischen Allianz eroberten Paris nach der ersten Niederlage seines Schwiegersohnes Napoleon - auf den Tag genau ein Jahr vor dessen Desaster bei Waterloo.Die populären Eipeldauer-Briefe berichteten in vollmundigem Patriotismus. Wien präsentierte sich "aufn neuchen Fürhang" als Panorama der "Gegend bei der Spinnerin am Kreutz" mit zentralem "Stephansthurm". Auf der Bühne Friedenstempel und -statue, zu der die Königreiche und Länder der
Friedrich Hebbel zeigte die Erstarrung der (klein)bürgerlichen Normen, seine Geschichtsdramen spiegeln die Krise der anbrechenden Moderne.Eine Erinnerung anlässlich Hebbels 150. Todestag am 13. Dezember.Von der Höhe des k. k. Hofburgtheaters schauen dreimal drei Große des europäischen und deutschsprachigen Dramas auf uns herab. Von den drei "Österreichern“ scheint nur der vergessene Friedrich Halm mit sich und der Welt zufrieden - Eligius Freiherr von Münch-Bellinghausen brachte es immerhin zum Generalintendanten beider Hoftheater.Wie anders Grillparzer und Hebbel! Selbst die
Vor 200 Jahren markiert die Völkerschlacht bei Leipzig den Höhepunkt der Befreiungskriege gegen Napoleon: zum aktuellen Gedenken an die Schrecken des Krieges und die Neugestaltung Europas.Angesichts des Einmarsches von Soldaten aus fast allen europäischen Nationen in die Ebene um Leipzig sprach der preußische Generalquartiermeister Oberst von Müffling am 16. Oktober 1813 in Erinnerung an die "Völkerwanderung“ von einer bevorstehenden "Völkerschlacht“. In seinem Armeebericht unterstrich er diese Zeitenwende: "So hat die viertägige Völkerschlacht von Leipzig das Schicksal der Welt
Sechsundzwanzigster August 1813: Im Rosenower Forst, an der Straße von Gadebusch nach Schwerin, fällt im 22. Lebensjahr Theodor Körner bei einer Guerilla-Aktion der Lützower Jäger gegen einen französischen Provianttransport. Der gefangene französische Offizier hörte die "sehr derben Ausdrücke“ über "die erbärmliche Haltung der französischen Eskorte“, zog seine Pistole und schoss Körner vom Pferd. Darauf wurden alle Gefangenen von den Lützowern "zusammengehauen“, wie Körners Kamerad Stiefelhagen berichtet: "Es war keine menschliche Gestalt mehr an ihnen zu erkennen.“Am
Im "West-östlichen Divan“ greift Goethe das Drama der Grande Armée im Winter 1812 auf: Der Winterfeldzug des Asien-Eroberers Timur 1405 gegen China endete im Desaster.Da Goethe im Wendejahr 1813 mit dem "West-östlichen Divan“ "sich aus der Gegenwart retten“ wollte, holten ihn "die ungeheuren Weltbegebenheiten“ immer wieder ein. Das "Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei, / Wenn hinten, weit, in der Türkei, / Die Völker aufeinanderschlagen“ wurde in Deutschland, für Europa bittere Realität. Die Katastrophe der Grande Armée im russischen Winter 1812 griff der Dichter im
Der letzte Akt der Tragödie der Grande Armée begann Ende November 1812 an der Beresina. Ein logistisches Debakel - und eine menschliche Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes.Der Stand der 1812 gegen Russland aufgebotenen Streitkräfte aus dem von Napoleon beherrschten Europa wurde peinlich genau angegeben: 610.058 Mann mit 182.111 Pferden. Die Zahl jener Soldaten, die im Dezember noch in geschlossener Formation den Njemen erreichten, betrug einige Hundert bis wenige Tausend. Auch Schätzungen, dass insgesamt 80.000 Mann, vielfach invalide, aus dem Desaster gesammelt werden konnten, ändert
Vor 200 Jahren wurde der Brand von Moskau zum Fanal für die Katastrophe der Grande Armée. Historische Betrachtungen im Lichte von Leo Tolstois Epochenroman "Krieg und Frieden“."Nun gut, mein Fürst, Genua und Lucca sind weiter nichts als Güter der Familie Bonaparte!‘ So sprach im Juni 1805 die bekannte Anna Pawlowna Scherer, Hofdame und Vertraute der Kaiserin Maria Fjodorowna.“ Mit diesen französischen Worten leitet Leo N. Tolstoi seinen Epochenroman ein - "jenes auserlesene Französisch, das unsere Großväter nicht nur sprachen, sondern in dem sie auch dachten“. Die Zarin war die
Auf den Spuren der Feldherren Karl Philipp von Schwarzenberg und Józef Poniatowski. Zwischen Schwarzenbergplatz und Rennweg kann man polnische Geschichte lernen.Wien, Schwarzenbergplatz: Wenn ich, fast jeden Tag, am Denkmal des Fürsten Karl Philipp zu Schwarzenberg vorbeikomme, frage ich manchmal die mit mir auf die Straßenbahnen D und 71 Wartenden nach der Person des taubenumschwärmten Reiters, der so energisch seinen Degen in die Scheide stößt. Dass Schwarzenberg 1812 das österreichische Flankenkorps der Grande Armée im Russlandfeldzug führte und auf Napoleons Wunsch zum
Eine Relecture von Adalbert Stifters Erzählung "Der heilige Abend“ ("Bergkrystall“) im Kontext ihrer Entstehungszeit: Sie enthüllt uns den Kern der weihnachtlichen Frohbotschaft."Alle Jahre wieder“ erklingt, übertönt und verstört durch Weihnachtsmarkt und Konsumrausch, das Lied des Superintendenten Wilhelm Hey (1837). Als "Verunglimpfung des deutschen Gemüts“ denunzierte Pfarrer Hans-Werner von Meyenn Heinrich Bölls Satire "Nicht nur zur Weihnachtszeit“ (1952). Lassen wir uns daher nicht von Waldmüllers Gemälde "Der Christtagmorgen“ (1844) zu biedermeierlicher Nostalgie
Deutschlands Einheit und Freiheit, Demokratie und Sozialismus trieben ihn um: Zum 200. Geburtstag des politischen Dichters Ferdinand Freiligrath.Wer kennt noch ein Gedicht, eine Zeile von Ferdinand Freiligrath, dem am 17. Juni 1810 in Detmold geborenen, in protestantischem Lehrer-, Pastoren- und Kaufmannsmilieu aufgewachsenen „Trompeter der Revolution“? Antwort erwarte ich nur von älteren Lesern, denen die prächtige Ballade „Prinz Eugen, der edle Ritter“ in den Sinn kommen wird: „Zelte, Posten, Werda-Rufer! / Lust’ge Nacht am Donauufer!“ Aus der Erinnerung steigen vielleicht