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Alles vergessen?
Gewiß, Herbert von Karajan hat über die Salzburger Festspiele jahrzehntelang wie ein Fürst geherrscht. Nach mehreren Jahren der Leitung von Gerard Mor-tier wird man langsam die Leistung Karajans aus dem Zeitabstand und dem Kontrast deutlicher und objektiver ermessen können. Wie viele moderne Opern, neue Musik auch in Karajans Ära aufgeführt wurden - 6twa Audens „Bassariden” von Henze als Auftrags werk - ersieht man aus dem heutigen Überblick, da die enorme Präsenz Karajans als Person, die alle Blicke auf sich zog, verblaßt ist. Apropos verblaßt: so verblaßt wie Karajans Ruhm heute in Salzburg war schon lange nichts: in den Schaufenstern muß man nach einem Foto von ihm suchen, wo doch einst geradezu Altäre in nicht immer geschmackvoller Weise für ihn errichtet waren. Man muß weit zurückdenken, um eine Phase solcher Huldigungen für eine einzige Person zu finden, wie sie in Salzburg Karajan dargebracht wurden.
Und tatsächlich war er ein Magnet für weltweites Interesse, für Publikum bis ans andere Ende des Erdballs und ebenso für die elektronische Musikproduktion. Nicht zuletzt Karajan ist es zu verdanken, daß die „Internationale Stiftung Mozarteum” mit den Mitteln japanischer Institutionen das Wohnhaus Mozarts am Makartplatz in Salzburg erwerben, mustergültig restaurieren und außerdem darin ein „Ton-und Filmmuseum” einrichten konnte, das jetzt schon durch seine Spannweite und Substanz beeindruckt, dem jedoch noch eine bedeutende Zukunft bevorsteht. Aber auch dort: Von einer Erinnerung und einem Dank an Karajan merkt man nicht viel. In der kommerziellen CD-Institution im Parterre ist zwar der Bestand an Karajan-Produktionen vorhanden, aber eher sehr unauffällig. Wer die einstigen Offensiven für Karajan in Erinnerung hat, kommt aus dem negativen Staunen nicht heraus. Natürlich ist das Wellental nach dem Tod bedeutender und hochgeehrter Persönlichkeiten bekannt, man braucht nur an Auden, Canetti, Sperber zu denken. Dennoch wird gerade durch die Unsichtbarkeit des Er-innerns an Karajan der Undank beklemmend bewußt. Da gab es immerhin eine musikalisch und spirituell hervorragende Leistung - die gerade in Salzburg hochgehalten bleiben sollte.
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