"Wettbewerbsbehörde mit Biss"

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Die Teuerung und deren Bekämpfung ist Wirtschaftsminister Martin Bartenstein ein großes Anliegen. Er setzt dabei vor allem auf die drei Säulen Teuerungsausgleich, mehr Wettbewerb und mehr Transparenz.

Die Furche: Herr Minister, seit Monaten wird in den Medien von der hohen Teuerung berichtet. Was sind konkret Ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der Inflation?

Martin Bartenstein: Wir müssen die Inflation bei ihren Wurzeln bekämpfen. Dazu braucht es Maßnahmen auf drei Säulen: Teuerungsausgleich, mehr Wettbewerb und mehr Transparenz. Vor allem müssen wir jenen helfen, die am meisten von der Inflation betroffen sind - Menschen mit niedrigen Einkommen. Seit 1. Juli sind sie von den Arbeitslosenversicherungsbeiträgen befreit, dadurch bleiben diesen Menschen 400 Euro netto mehr in der Geldbörse pro Jahr.

Die Furche: Sie sprechen auch den Wettbewerb an. Gibt es zu wenig Wettbewerb zwischen den Unternehmen in Österreich?

Bartenstein: Der Wettbewerb ist ein bedeutendes Instrument zur Inflationsbekämpfung, das ist unumstritten. Das Hauptaugenmerk muss hier auf Lebensmittel und Energie liegen, die etwa 60 Prozent der Inflation verursachen. Derzeit führt die Bundeswettbewerbsbehörde umfassende Ermittlungen in Richtung Mineralölwirtschaft durch. Wofür auch immer sich die Behörde nach Vorliegen der Ergebnisse entscheidet - unter Umständen auch für das Kartellgericht - sie hat meine volle Rückendeckung. Es kann nicht sein, dass die Tankstellenpreise rasch nach oben gehen, wenn die Produktpreise steigen, sich aber das Absenken der Preise langsamer gestaltet, sobald sie in Rotterdam wieder sinken.

Die Furche: Sie haben sich auch dafür stark gemacht, dass die Wettbewerbsbehörde mehr Biss bekommt …

Bartenstein: Die Bundeswettbewersbehörde soll eine "Vollbehörde" nach deutschem Vorbild mit Entscheidungsbefugnis, mehr Kompetenzen bei den Ermittlungen und Sanktionsmöglichkeiten werden.

Die Furche: In den vergangenen zwei Jahren wurde der Euro zu einer starken Währung. Für manche ist er zu stark geworden.

Bartenstein: Ein starker Euro ist natürlich für die Exportwirtschaft teilweise von Nachteil. Aber die Nachteile schlagen sich nicht so stark durch wie zuletzt befürchtet. Die 33.000 Exporteure sind nach wie vor eine enorme Stütze für die heimische Wirtschaft. Ich bin zuversichtlich, dass sie das Rekordvolumen der Warenexporte des Vorjahres - es lag bei 114 Milliarden Euro - auch unter den aktuellen Bedingungen, wenn auch schwächer als zuletzt, steigern werden.

Die Furche: Könnte auch hier mehr Wettbewerb helfen?

Bartenstein: Man muss über mehr Wettbewerb sprechen - in jedem Bereich -, aber der Mensch darf nicht auf der Strecke bleiben. Ein Land wie Österreich muss den Menschen als Arbeitskraft in den Mittelpunkt stellen. Das Humankapital hat oberstes Gebot und muss stärker ins Rampenlicht gerückt werden.

Die Furche: Wenn wir von Wettbewerb und Humankapital sprechen, dann ist in Österreich vor allem der Wettbewerb mit den neuen EU-Nachbarn ein Thema. Sind Sie noch immer der Meinung, dass Österreich sehr stark von der Osterweiterung profitiert hat?

Bartenstein: Mehr Wettbewerb mit einer gleichzeitigen Vergrößerung der Absatzmärkte, beides hat die EU-Osterweiterung mit sich gebracht. Und es stimmt noch immer, kein Land der EU hat mehr von dieser Erweiterung profitiert als Österreich.

Die Furche: Wenn wir im Inland bleiben, so ist Ihnen auch der Pflegebereich ein großes Anliegen …

Bartenstein: Der Bereich der Pflege ist die letzte große Baustelle im Sozialsystem Österreichs. Mit dem neuen Pflegepaket ist ein wichtiger Schritt gesetzt worden, um die Pflege aus der Sozialhilfe herauszuführen. Damit fällt österreichweit die Vermögensgrenze bei der Pflege daheim. Mittelfristig soll auch die Vermögensgrenze bei der Pflege im Heim fallen. Der Kinderregress fällt schon weg, es muss uns auch gelingen, künftig den Regress gegenüber Ehepartnern in ganz Österreich abzuschaffen.

Die Furche: Und wie sehen Sie Österreichs Zukunft?

Bartenstein: Ein Mehr an Wettbewerb bei gleichzeitiger sozialer Sicherheit ist weiterhin der österreichische Weg. Zugleich muss die Wirtschaftskompetenz wieder mehr in den Vordergrund rücken.

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