6571153-1950_20_15.jpg
Digital In Arbeit

Meister und Nachwuchs

Werbung
Werbung
Werbung

Im Vergleich mit ihren Kollegen von der Bühne und vom Konzertpodium fühlten sich die Tänzer Wiens zurückgesetzt und vernachlässigt; vernachlässigt von Staat und Gemeinde, von den Veranstaltern und von der Presse. Das Interesse der Öffentlichkeit für den Kunsttanz zu wedeen, war eines der Ziele des „Österreichischen Tanzwettbewerbes 1950“. Das andere war: begabte Nachwuchskräfte, besonders aus der Provinz, zu entdecken und durch Verleihung der vom Unterrichtsministerium und der Gemeinde Wien gestifteten Preise zu fördern. — 54 Gruppen und Einzeltänzer aus Wien und den Bundesländern folgten der Einladung der Staatsakademie für Musik und waren zwei Wochen hindurch Empfangende und Sdienkende, Empfangende zunächst, denn auch für die Teilnehmer war der Zyklus von Vorträgen gedacht, den die Professoren der Staatsakademie und der Städtischen Musikschule hielten. Geschichte des Tanzes, tänzerische Erziehung, Tanz im Kindertheater, Tanzkostüm und Tanzrequisit waren die teilweise durch Demonstrationen erläuterten Themen.

An drei Ahenden zeigten die bedeutendsten Tänzerinnen Wiens mit ihren Gruppen die vorbildlichen Ergebnisse strenger und stilvoller tänzerischer Erziehung. — Auch heute noch bekennt sich die Schule Grete Wiesenthal zum zeitlosen Ideal weiblicher Anmut und ist unerreicht in der, Grazie der Bewegung und im gelösten Schwung. — Rosalia Chladek führte drei größere Tanzschöpfungen vor: „Die vier Temperamente“ (Musik von Hindemith), die Szenenfolge „Jeanne d'Arc“ (Erwin Neuber) und das Tanzmärchen „Peter und der Wolf (Prokofieff). Stil, Technik und Musikalität wurden in jeder einzelnen der Choreographien überzeugend demonstriert. — Hanna Berger zeigte in dem Zyklus „Schwingende Landschaft“ die farbige Vielfalt und, in einer folgenden Gruppe von Einzeltänzen, die kraftvolle Eigenart ihres Talents.

Nachdem die Jury an drei aufeinanderfolgenden Tagen die Parade der Nachwuchstänzer abgenommen hatte, fand als festlicher Abschluß ein Abend der Preisträger im Großen Konzerthaussaal statt, Die große Zahl der verliehenen Preise und Anerkennungsdiplome für Solotanz und Choreographie schließt leider eine Aufzählung und Würdigung der schönen Einzelleistungen aus. — Die Entscheidung der Jury, weder für die eine noch für die andere Gruppe einen ersten Preis zu verleihen, kann im ganzen gutgeheißen werden und entsprach auch dem an diesem Abend gewonnenen Gesamteindruck: eine Reihe schöner Talente, aber noch keine sich entschieden manifestierende geniale Begabung. — Besonders erfreulich war die rege Beteiligung des Wiener Publikums, nicht nur an den Abenden der Koryphäen, sondern auch an der Schlußveranstaltung, die ausschließlich von jungen, größtenteils unbekannten Künstlern bestritten wurde.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung