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Feindbilder

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Das Erschreckende sind nicht die Behauptungen, die im Magazin „Wiener" über die Israelitische Kultusgemeinde aufgestellt worden sind. Diese wurden von den Präsidenten und dem Vorstand der Kultusgemeinde ohnedies bereits entkräftet. Es ist vielmehr der Zungenschlag im Editorial und im Artikel, es ist der Tenor, der zynische Unterton, der ganz eindeutig antisemitische Vorurteile transportiert. Ein Davidstern aus Geldscheinen, die auffällig häufige Verwendung von Begriffen wie „Macheloikes", „Reibach", „es ist zwar koscher, aber es stinkt" suggerieren den Leserinnen und Lesern jene Wertungen, mit denen seit Jahrhunderten und besonders in der Nazizeit Feindbildpolitik gegen die jüdische Bevölkerung betrieben wurde. Feindbildpolitik, die zu fürchterlichsten Greueln führt. Der Geldjude als Synonym für die jüdische Bevölkerung wird allein schon von den Künstlern, Schriftstellern und Dichtern, von den Wissenschaftern, Ärzten, Rechtsanwälten und Diplomaten widerlegt, die unter den Juden überproportional vorhanden sind. Und die für den Buf Österreichs als Kulturnation den größten Beitrag geleistet haben. Dies allerdings war vor dem Holocaust.

Kein Wunder, daß eine ehemals verfolgte Minderheit - ein paar Dezennien sind keine so lange Zeitspanne sofort aufs höchste alarmiert ist, wenn schon wieder Hetzartikel auftauchen. Das ist nicht Verfolgungswahn, Hysterie, nicht übertriebenes Angstgefühl. Wer Gewalt erlebt hat - vom Verbalen bis zur Ermordung seines-, ihresgleichen -, der bleibt über Generationen hinweg traumatisiert. Es ist ein Unterschied, ob man gegen jemanden aus der Mehrheit oder aus der Minderheit in einer Gesellschaft hetzt. Noch dazu, da diese Minderheit erleben mußte, was die Mehrheit den Juden angetan hat. Daß gerade heutzutage solche Artikel in österreichischen Medien erscheinen, kommt nicht von ungefähr. Es paßt ins Bild des Bechtsruckes, der immer deutlicher wird. Deshalb ist es richtig, daß sich die Kultusgemeinde sofort zur Wehr gesetzt hat. Und deshalb ist es auch dringend nötig, daß alle Sensiblen, alle Demokraten in diesem Lande gegen solche Tendenzen aufstehen. Und zwar deutlich erkennbar für alle. Denn nur dann wird jener Teil der Bevölkerung wachsam, der das Schüren von Emotionen gegen Minderheiten - seien es Juden, Roma oder Ausländer - vehement ablehnt.

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