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Siegen im Fallen

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Der gute- Baron • Couber-tin, war nictit iiüf Pädagoge und Sports- mann, sondern auch Hellseher. Er erneuerte vor 70 Jahren die Olympischen Spiele und hatte schon damals eine fest umrissene Ansicht vom letzten und höchsten Sinn dieser Spiele: Es gehe bei dieser weltumfassenden Demonstration menschlicher Fairneß weniger um den Triumph des Sieges als um die Ehre, dabeigewesen zu sein.

Inmitten eines phantastischen Rekord- und Medaillenregens haben die Österreicher diesmal bei den 18. Olympischen Sommerspie- len in Tokio bisher nur bescheidene Erfolge erzielt, bis zur Stunde noch weniger, als die ohnehin recht vorsichtigen Voraussagen hatten erwarten lassen.

Durch das gute Abschneiden unserer Ski- und Eisasse verwöhnt, könnten sich nun die Sportfreunde in Österreich verleiten lassen, unsere Vertreter in Tokio zu schmähen oder zu verspotten. Nichts Wäre ungerechter als das. In früheren Olympiafilmen haben wir in Nahaufnahmen sehen können, wie tief Mißerfolge den Sportler, der vier Jahre lang für 10 Sekunden trainiert hat, treffen können. Wir haben Tränen (bei Kolossen von Männern!), Erschöpfung und grenzenlose Enttäuschung gesehen.

Unsere Sportler haben auch diesmal ihr Bestes gegeben und sind trotzdem ein dutzendmal gescheitert (auch in einer so gewaltigen Sportnation wie West- samt Ostdeutschland gibt es in diesen Tagen Mißerfolge auf dem laufenden Band). Den fast peinlichen Fangfragen zudringlicher Interviewer haben unser Florettmeister und unser Hammerwerfer unter einem bestimmt verzweifelten Lächeln in die Fernsehkamera hinein schlicht und undramatisch erklärt: „Ich konnte nicht , vielleicht geht’s morgen wieder besser “

Das ist eine rührende Geste unseres echten Sportamateurismus, der unsere Sportler eben nur neben Studium und Werkbank Sport um seiner selbst betreiben läßt; es ist aber auch sportlich und menschlich großartig empfunden und verdient eine brillantene Medaille, die Olympia nicht zu vergeben hat.

Noch liegen einige Lose in der Trommel. Aber auch, wenn sie unsere Sportler nicht ziehen, sollen wir die Heimkehrenden freudig und achtungsvoll empfangen. Sie haben gewollt, gestrebt, gekämpft und noch im fairen und gefaßten Fallen gewonnen: sich selbst besiegen ist der schönste Sieg.

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