Kämpfen, schwitzen, gewinnen, verlieren ...

Werbung
Werbung
Werbung

Schon vor Beginn der Olympischen Spiele in Sydney gibt es ein erfreuliches Ergebnis für Österreich: Mit 93 Teilnehmern hat sich die Truppe der Olympioniken im Vergleich zu den Sommerspielen in Atlanta 1996 um 19 Sportler vergrößert. Besonders die Damen dürfen sich freuen: Noch nie war das weibliche Geschlecht bei Olympischen Spielen so stark vertreten wie dieses Jahr. In zehn Sportarten werden 38 Athletinnen in den Kampf um die Medaillen mitmischen. Damit legen sich in Sydney doppelt so viele Österreicherinnen ins Zeug wie bei den vergangenen Sommerspielen.

Doch nicht nur die Sportlerinnen und Sportler kämpfen, keuchen, schwitzen und wollen gewinnen. Auch die sonst so gemütlichen Österreicher legen zunehmend Wert auf körperliche Fitness und gute Kondition. Und um die zu erlangen, schnüren immer mehr von ihnen die Laufschuhe, raffen sich zu einem Besuch im Fitnessstudio auf oder trainieren im Sportverein mit. Eine Entwicklung, die die Sportartikelverkäufer die Hände reiben lässt. Günter Risser, Geschäftsführer einer Wiener Filiale von "Sport Experts" - Österreichs zweitgrößter Sportartikelkette: "Der Verkauf hat stark zugenommen. Voll im Trend liegt die Ausrüstung für das Radfahren, Laufen und Schwimmen". Und dass Risser, der bereits 15 Jahre Erfahrung in dieser Branche gesammelt hat, mit seinen Beobachtungen richtig liegt, beweist die Studie "Sport 2000", ein Forschungsprojekt der Bundes-Sportorganisation. In der Hitliste der beliebtesten Sportarten in Österreich dürfen sich die drei oben genannten Aktivitäten mit den Plätzen eins, zwei und sieben schmücken. Besonders das "In-die-Pedale-treten" kommt bei den Sporthungrigen gut an. Rund 50 Prozent aller, die sich sportlich betätigen, tun das - zumindest hin und wieder - auf dem Fahrrad. Auch der regelmäßige Sprung ins kühle Nass und das tägliche Laufen durch Wald und Feld sind beliebte Aktivitäten, um sich fit zu halten.

Insgesamt schwitzen Studien zufolge rund 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher zumindest gelegentlich bei sportlichen Anstrengungen. Die meisten gehören einem der 12.000 rot-weiß-roten Sportvereine an, die anderen scheinen in keiner Statistik auf. Was im ersten Moment verwunderlich erscheint, ist einfach zu erklären. Einsam statt gemeinsam zu trainieren liegt im Trend. Günter Risser weiß, was der Vorteil ist, wenn man sein Sportttraining alleine absolviert: "Da nehme ich mir meine Trainingssachen und kann sofort etwas tun. Möchte ich aber Volleyball spielen, brauche ich mehrere Leute, die mitspielen, und einen Termin, an dem alle können."

Auch bei Olympischen Spielen, dem sportlichen Gemeinschaftsereignis schlechthin, sind Einzelkämpfer keine Seltenheit. Bei neun der 28 Sportarten sind die Athleten ganz auf sich allein gestellt, in zwölf weiteren gibt sowohl Einzel- als auch Teambewerbe.

Auch im Privatleben der Österreicher ist die Zahl der "Teams" rückläufig. Bedenkt man, dass rund eine Million Menschen auch ihr Leben alleine bewältigen (müssen), ist es wenig verwunderlich, dass sich der Hang zum Individualismus auch auf das Sportartikelgeschäft niederschlägt. Inlineskater finden Absatz wie warme Semmeln, Laufschuhe waren heuer teilweise sogar ausverkauft.

Ein neues, besonders beliebtes Produkt ist der "Microscooter". Der kleine Roller, der in jedem etwas größeren Rucksack Platz hat, dient allerdings weniger als Sportgerät, sondern eher dazu, sich wesentlich schneller als zu Fuß durch die Straßen zu schlängeln. Egal ob Schulkind, Karrierefrau oder graue Eminenz - alle lieben den 20 km/h schnellen Flitzer.

Bei den Olympischen Sommerspielen werden allerdings noch keine Medaillen für das "Scooterfahren" vergeben. Zum ersten Mal wird allerdings im Triathlon und in Taekwondo - einer asiatischen Kampfsportart - um Gold, Silber und Bronze gekämpft. Und auch die Trampolinspringer messen sich erstmals beim olympischen Wettstreit.

Nicht für die Wettkämpfe in Sydney bestimmt ist das Trainieren im Fitnesscenter und der Besuch von Aerobicstunden. Für Freizeitsportler hat diese Art, sich fit zu halten, hingegen einen hohen Stellenwert. Immer mehr Wohnungen erhalten ihre eigene "Bodybuilding-Ecke". Ein Rudergerät im Keller oder ein "Spinracer" vor dem Fernseher sollen den Muskelaufbau fördern und die Figur formen. Der "Spinracer" - ein Renner im Sportgeschäft - lässt sich mit einem Heimtrainer vergleichen. Der große Unterschied: die Haltung. Während man am Heimtrainer aufrecht sitzend mehr oder weniger schnell seine Kilometer abspult, strampelt man am "Spinracer" in Mountainbike-Pose.

Besonders die Aerobic-Fans sind es, die auf entsprechende Kleidung Wert legen. Um modisch im Fitnessstudio aufzutreten, greift man schon einmal tiefer in die Geldbörse. Allerdings wahrscheinlich nicht so tief, wie das Österreichische Olympische Komitee für unsere Olympioniken. Stolze 53.000 Schilling kostete die Ausstattung, pro Kopf und Nase.

Aber nicht nur die Kleiderkosten sind relativ hoch. Auch das durchschnittliche Alter der österreichischen Athleten nähert sich einer oberen Grenze. Mit 27,5 Jahren im Schnitt rückt der 30er für unser Olympiateam bereits in Reichweite. Allerdings ist der Tischtennisspieler Ding Yi der Einzige, der seinen 40. Geburtstag schon hinter sich hat und somit der Senior im rot-weiß-roten Team ist. Auch wenn in Sydney Sportler über 40 Mangelware sind, Aktivität in zunehmendem Alter ist besonders in den vergangenen Jahren wieder gefragt. Sport ist längst nicht mehr eine Domäne der Jugend, auch ältere Menschen halten sich durch körperliche Betätigung fit und munter. "Vor fünf Jahren war es eine Sensation, wenn sich ein 50-Jähriger Inlineskates gekauft hat. Heute ist das ganz normal", beschreibt Risser den Wandel.

Egal ob jung oder alt - hinter dem Wunsch, sportlich zu sein, stecken viele Gründe. Man will Entspannung, tolle Kondition, einen makellosen Körper gewinnen. Der Hauptgrund, warum die Österreicher sich körperlich betätigen, ist aber ein anderer - die Freude an der Bewegung. Und während das Motto für alle Hobbysportler "Gesünder, fitter, fröhlicher" lautet, heißt es für unsere Olympiasportler ab Freitag "schneller, höher, weiter".

Zum Dossier 93 österreichische Sportlerinnen und Sportler haben sich für die Olympischen Spiele in Sydney qualifiziert. Wenn ab 15. September der Run auf die Medaillen losgeht, werden Millionen Fans die Daumen drücken. Die meisten Österreicherinnen und Österreicher sitzen allerdings nicht nur von den Fernsehschirmen, sondern schwitzen auch selbst für ihreeigene Bestform. Das Dossier wirft einen Blick auf die sportlichen Aktivitäten in Österreich, auf Trends im Sportartikelhandel und neue Angebote für Fitnesshungrige. Es fragt nachEntwicklungen in der Sportpolitik ebenso wie nach denMedaillenchancen der Fechter in Sydney.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung