Literatur auf silbernen Scheiben

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Vor sechs Jahren gegründet, hat die "Digitale Bibliothek" mittlerweile den 100. Band herausgebracht. Das entspricht 2,7 Millionen Bildschirmseiten.

Im Zeitalter der Multimedialität will der neueste PC samt seinen Speichermöglichkeiten auch ausgenützt werden. Was nützen Sound- und Grafikkarten, wenn nicht die entsprechenden Softwareprogramme immer bessere Hardware brauchen. Egal ob User nun zig Gigabyte Speicher wollen oder nicht, sie greifen zu. Um auf Mausklick von CD-ROM-Lexika Musikbeispiele abhören oder Filmszenen erblicken zu können.

Spartanisch statt Multimedia

Ein Programm, das sich den multimedialen Möglichkeiten selbstbewusst verschließt und den Fokus auf das Speichern von Texten auf die silbernen Scheiben richtet, ist die Digitale Bibliothek. Seit 1997 produziert der Verlag Directmedia Publishing mittlerweile in dieser Reihe 100 verschiedene CD-ROMs: Lexika ebenso wie Textanthologien.

Der große Vorteil auf den ersten Blick: alle CDs sind konzeptionell aufeinander abgestimmt und funktionell miteinander verknüpft. Sie basieren auf ein- und demselben Softwareprogramm, das einmal und einfach installiert, für alle CDs funktioniert und leicht zu bedienen ist. Auch die Suchfunktionen, das besondere Zuckerl einer jeden guten Text-CD-ROM. Immerhin kann über Tausende von Seiten eine Volltextrecherche (d.h. Suche nach einzelnen Worten in allen Texten) durchgeführt werden - und das unglaublich rasch. Das Softwareprogramm wird regelmäßig verbessert, auf den neuen CD-ROMs bzw. als Download gibt es die jeweils jüngste Fassung, die dann auch für alle älteren CD-ROMs gilt. Man ist auch dabei, den bisherigen Wermutstropfen - die CD-ROMs funktionierten nicht auf Mcintosh - zu beseitigen.

So wichtig der Text auch ist: Abbildungen machen etwa in "Kindlers Malereilexikon" oder "Lexikon der Kunst" einen wichtigen Bestandteil aus. Entsprechend gezoomt stellen sie jede Darstellungsmöglichkeit von Lexika in Buchform in den Schatten. Bessere Qualität braucht mehr Speicher und so liegt mit "Kindlers Malereilexikon" nun auch erstmalig eine DVD in dieser Reihe vor. Gerade erschienen ist "Meyers Großes Konversations-Lexikon" von 1905-1909 auf DVD - technisch aufzurüsten ist also doch auch mit der "Digitalen Bibliothek" angesagt. Dafür wird Historisches so leicht zugänglich wie nie zuvor.

Nun wird der klare Vorteil einer CD-ROM bei Lexika aufgrund des viel geringeren Platzbedarfs und vor allem der genialen Suchmöglichkeiten unbestritten sein. Bei literarischen Texten mag der Sinn weniger einleuchten. Denn wer liest schon gerne Kafka am Bildschirm? Nicht als Ersatz für das handliche Buch, sondern eher als Ergänzung zu einer Bibliothek sind daher die Literatur-CD-ROMs zu verstehen. Sie lassen den Leser unter anderem an schwer oder gar nicht zugängliche Dichtung gelangen, so etwa an die 78.000 Seiten "Deutsche Literatur von Frauen". Vor allem aber machen Textsammlungen wie "Dichtung der Antike", "Deutsche Märchen und Sagen" u.v.m. wohl überhaupt erst auf den einen oder anderen Text aufmerksam, der dann vielleicht als Buch gelesen wird. Zu erwähnen sind da vor allem "Deutsche Lyrik von Luther bis Rilke" mit 53.000 Gedichten aus fünf Jahrhunderten auf 115.000 Bildschirmseiten; die originalsprachige Ausgabe von "English and American Literature" mit Werken von 94 Autoren und die Studienbibliothek "Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka", die auf 175.000 Seiten das Werk von 108 Autoren von Altenberg bis Winckelmann bietet. Ergänzt vor kurzem durch "Die Bibliothek der Weltliteratur" mit Werken von 122 Autoren von Aischylos bis Zola auf 85.000 Bildschirmseiten. Die Texte reichen aus Urheberrechtsgründen jeweils bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts.

"Blaue Blume" per Mausklick

Laien wird es nicht weiter stören, wenn nicht alle Werkausgaben vollständig sind und es sich nicht immer um die jüngste wissenschaftlich-kritische Ausgabe handelt. Dass nun auf Mausklick in Texten aus Jahrhunderten etwa nach der "blauen Blume" geforscht werden kann, ist für Wissenschaftler ungleich wichtiger, aber auch andere Literaturfreunde werden bald den Reichtum derartiger Entdeckungsreisen schätzen lernen. Die daran erinnern, wie viel eigentlich noch zu lesen wäre...

Schon vor Jahren hat man befürchtet, die Scheiben würden bald das Buch ersetzen. Weit gefehlt. Doch bereichert haben sie es.

Vollständiges Programm & weitere Infos:

www.digitale-bibliothek.de

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