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Dichter sind nicht programmierbar
SCHLAGZEILEN. Gedichte von Heidi Pataki. Suhrkamp-Verlag, 1968. 48 Seiten. DM 6.—. Während man sich überall um der Literatur liebstes Stiefkind, das lyrische Gedicht, Sorgen macht und sogar einen Tag der Lyrik zu proklamieren beabsichtigt, geht die Produktion munter weiter. Tatsächlich aber scheint es, als wäre gerade dieses Genre von einer schleichenden Krankheilt befallen, einem langsamen Dahinsiechen, das durch Fragestellungen, wie „Ist Lyrik heute noch aktuell?“ oder „Wozu überhaupt noch Lyrik?“, mehr dokumentiert als gestoppt oder gar behoben werden kann. Pater Chotje-witz konnte in einer Untersuchung (Literatur und Kritik 30) nachweir sen, daß die miedsrfcen Lyriker zwischen 30 und 45 auf die moderne Gesellschaft hin falsch programmiert sind, weil ihre Aussagen der modernen Wirklichkeit nicht mehr entsprechen. Man fordert Aktualisierung der Lyrik, meint aber damit etwas ganz anderes. Heidi Pataki präsentiert tatsächlich etwas ganz anderes. Da in ihren lyrischen Thesen auch die These aufscheint, daß alles, was gesagt werden kann, schon tausendmal gesagt worden ist, fabriziert sie das Antigedicht, das wie ein Trapezakt ohne Netz anmutet, wie eine Fingerübung ohne Noten, Worte ohne Sprache. Quod erat demonstrandum? Ihre Paira-phrasierung früherer Stilmittel, montierte Slogans und Banalitäten, Satzfetzen aus dem Drehorgelkasten des heimischen Liederschatzes offenbaren sprachliche Virtuosität, die Kondensmilch des Träumens gerinnt zu saurer Ironie, in deren Schlacke Eichendorf und Goethe ihr lyrisches Leben verhauchen. Manche der Gedichte zeigen echten Humor, und das ist ja immerhin schon etwas. Wahrscheinlich muß man diese Gedichte als das beurteilen, was sie sind. Als Fingerübungen einer jungen Autorin, deren Können zu beträchtlichen Hoffnungen berechtigt. Wenn es aber stimmt, was Heidi Pataki in ihren lyrischen Thesen verkündet, daß nämlich längst an Stelle des Erlebnisses das Klischee getreten ist, an Stelle des Verständnisses das Mißverständnis, an Stelle des Schöpferischen das Panoptikum des sowieso schon Dagewesenen, dann kann man nur hoffen, daß der Phase des Entrümpeins wieder eine der dichterischen Aktivität folgen wird. Ansonsten wären auch diese Gedichte nur die Einleitung zu dien Totenfeiern am Grab des lyrischen Gedichtes.
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