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Da staunt der Laie

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Während der vorletzten Festspielwoche fand — anläßlich des Jubiläumsjahres — in Salzburg der 33. Kongreß der Hofmannsthal-Gesellschaft statt, mit etwa 300 Teilnehmern aus Europa und Ubersee, mit mehreren Vorträgen und Diskussionen. „Hofmannsthals Wirklichkeit“, „Hofmannsthal und der Impressionismus“, „Hofmannsthal und die Deutschen“, spöaiill seine Stellung zu Joseph Nadler, .¿Hof- mannsthals Verhältnis zu Deutschland und Österreich“ — heikle Themen, zum letzteren sprach der französische Universitätsprofessor Claude Davide. Es wurde viel Kluges, auch Kritisches und Analytisches gesagt. Aber was man danach in einem Wiener Informationsdienst las, schien sehr vergröbernd, zum Teil phantastisch und oft einfach unrichtig zu sein.

„Litt Hofmannsthal unter einem Ödipuskomplex?“ Diese , Frage kann der Kenner einiger tausend Briefe mit einem glatten „Nein“ beantworten. Hofmannsthals „Ästhetizismus“ (den er seit seinen frühen Jahren zu überwinden trachtete) wird als „Fluchtphänomen aus einer nicht bewältigten Gegenwart“ gedeutet. Aber mit nichts war Hofmannsthal intensiver, sorgenvoller beschäftigt, als eben dieser seiner Gegenwart hinter die Maske zu schauen. Von den jüngeren Germanisten heißt es in diesem Bericht: „Sie distanzieren sich von Hofmannsthals militantem Patriotismus und wollen mit historisch-soziologischen und psychoanalytischen Methoden die Hintergründe ..usw. Nun, wir wissen schon. Jedoch die Mühe, sich von des Dichters „militantem Patriotismus zu distanzieren“ können sie sich ersparen, denn den gab es einfach nicht. Und weiter im Text des Berichtes: „Der junge Hofmannsthal dürfte mit Adoleszenzproblem zu kämpfen gehabt haben“. Aber welcher Künstler, welcher sensible junge Mensch hatte diese Probleme nicht? Und schließlich: „Hofmannsthal war von einer gesellschaftlichen Umklammerung erdrückt. Er konnte keinen Zugang zum Volk finden, aber auch der Adel blieb ihm fremd.“

Hunderte Briefe widerlegen solche Thesen. Aber warum stellt man sie überhaupt auf? Oder besser: warum werden solche jahrzehntealte Vorurteile wieder aufgewärmt und als Ergebnisse eines Kongresses herausgestellt, bei dem sie nur am Rande gestreift wurden? Man kann über Hofmannsthal und sein Werk verschiedener Meinung sein, aber eine Berichterstattung sollte sich vor allem an die Wahrheit halten!

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