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Schlecht beraten
Es war eine gutgemeinte Ehrung von Seiten der österreichischen Post-und Telegraphenverwaltung, zum Gedächtnis an den 100. Geburtstag am 1. Februar 1974 eine Hofmannsthal-Sondermarke erscheinen zu lassen. Was der Dichter selbst wohl dazu gesagt hätte, auf diese Weise in aller Leute Hände zu geraten und auf „Sendungen“ zu prangen, die nicht die seinen waren? Wahrscheinlich wäre er verzweifelt gewesen. Doch das sind subtile Überlegungen, die man einer Behörde nicht zumuten darf.
Was man aber sehr wohl erwarten zu können vermeinte, war, daß, wenn sie schon Hofmannsthals Bild auf einer Marke bringt, sie dann sorgfältig auswählt. Wir kennen die vielen Hofmannsthal-Photos, Zeichnungen und Gemälde aus dem Bildband in der Reihe der kleinen Rowohlt-Monographie — von Werner Volke — und noch einige mehr. Das hier abgebildete Photo ist eines der ungünstigsten. (Gerne bestätigen wir, daß das in derselben Markenreihe „Köpfe berühmter Österreicher“ reproduzierte von Karl Kraus das beste uns bekannte Kraus-Bild ist.)
Ein einheitlicher Rahmen für diese Serie wäre uns lieber gewesen. Doch darüber kann man diskutieren. Aber daß die Beschriftung „Hugo Hofmannsthal“ lautet, daß man ihm also, obwohl genug Platz auf der Leiste gewesen wäre, einfach das „von“ wegnimmt, ist eine grobe Ungehörigkeit. Schon Hofmannsthals Vater hieß, schrieb sich und wurde angeredet als Herr von Hofmannsthal. Hofmannsthal, der Sohn, signierte alle seine Briefe, wenn nicht mit dem Vornamen (an Freunde) natürlich immer ohne das „von“, also einfach „Hofmannsthal“. Das berechtigt aber die ÖPTV nicht, ihm seinen Dichternamen zu nehmen.
In der ganzen Welt, nicht nur in den deutschsprachigen Ländern, heißt der große Dichter, unser „letzter Klassiker“, wie ein großer Franzose ihn nannte, Hugo von Hofmannsthal. Nur auf der in seinem Heimatland hergestellten Briefmarke liest man's anders!
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