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Gegen die „Zerklüftung"
Hugo von Hofmannsthal wurde allzu oft als bloß österreichisches Phänomen betrachtet. Am 7. Internationalen Hofmannsthal-Symposion, das die 1968 gegründete Hofmannsthal-Gesellschaft diesmal in München veranstaltete, wurde versucht, die tiefe Verwurzelung des 1874 in Wien geborenen Dichters im europäischen Geist der Moderne herauszustellen.
Die bayerische Landeshauptstadt erweist sich dabei als geeig-
neter Ort: Sie hatte sich in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts zu einem Kunst- und Literaturzentrum ersten Ranges entwickelt, zu dem auch Hofmannsthal zahlreiche Bezüge hatte.
So lag einer der Schwerpunkte
des Symposions auf der 1927 in der Münchner Universität gehaltenen Rede „Das Schrifttum als geistiger Raum der Nation". Sie kann gleichsam als Summe eines denkerischen und dichterischen Daseins angesehen werden.
Die Rede steht vor dem Hintergrund einer Bedrängnis auslösenden, verwirrenden Vielfalt von Weltbildern und Lebensformen. Hof mannsthal legt hier eine subtile Analyse der „Atmosphäre geistiger Beunruhigung und Fragwürdigkeit, in der wir leben", vor.
Es geht ihm dabei — so meinten die Referate und Diskussionsbeiträge — keineswegs um eine rückwärtsgewandte Abwendung von Zeiterscheinungen. Viel mehr ist
es ihm um Sicherung des geistigen Raumes zu tun, der die Moderne ausmacht.
Der von Hofmannsthal in diesem Zusammenhang verwendete Begriff der „konservativen Revolution" war damals (und ist, wie sich zeigte, auch heute) Anlaß für zahlreiche Mißverständnisse. Von Thomas Mann zu Anfang unseres Jahrhunderts erstmals gebraucht, wurde der Begriff von Rudolf Pannwitz in seinen Flugblättern verwendet und von Hofmannsthal und vielen anderen aufgegriffen. Das dahinterstehende Anliegen ist, grob umrissen, ein Streben nach Stabilisierung der Modernität.
Die Uberwindung der „Zerklüftung", die „Wiedergewinnung ei-
nes natürlichen Weltbildes" und die Aufwertung des Mittelalters ist — so zeigte sich in München — bei Hof mannsthal auf kühne Synthesen gerichtet: es geht darum, den Fortschritt der Moderne auf eine feste Grundlage zu stellen; die neue Kunst zu hindern, einer Rakete gleich ins All abzuheben und im Nichts zu zerschellen. Vorbilder Hofmannsthals waren dabei so verschiedenartige Gestalten wie der engagierte Katholik und Max-Scheler-Schüler Paul Landsberg und der anarchistische Literat Gustav Landauer.
Hier wird wieder einmal deutlich, wie schnell das traditionelle politische „rechts-links"-Schema auf seine Grenzen stößt, wie schnell auch eine gewisse Kritik
„Rückschritte" ortet, wo eigentlich „Fortschritt" zu finden ist.
Ein zweiter Schwerpunkt des Münchner Symposions lag auf der Darstellung der aktuellen Forschung über die Verbindung zwischen Richard Strauß und Hugo von Hofmannsthal. Die Zusammenarbeit erwies sich auf musikalischer wie literarischer Ebene als besonderer Glücksfall in der Geschichte.
Beide Künstler waren einsichtig genug, gegenseitig die Autonomie von Wort und Musik anzuerkennen. Die Beschränkung der beiden auf ihr eigenes Metier hatte eine großartige Steigerung des Gesamtkunstwerks Oper zur Folge.
Dies ist der Sukkus eines Podiumsgesprächs, an dem unter anderem der Generalintendant und der Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsopern, August Everding und Wolfgang Sawal-lisch, teilnahmen. Einzelanalysen über „Ariadne auf Naxos" und „Arabella" bestätigten die These.
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