6605914-1954_18_08.jpg
Digital In Arbeit

Briefe — Legenden — Erzählungen

Werbung
Werbung
Werbung

Briefe der Freundschaft. Hugo von Hofmannsthal und Eberhard von Bodenhausen. Eugen- Diederichs-Verlag 1953. 273 Seiten. Preis 15 DM.

Mit Eberhard von Bodenhausen verband Hofmannsthal von 1897 bis 1918, als Bodenhausen starb, eine tiefe und aufrichtige Freundschaft. 1868 geboren und sechs Jahre älter als Hofmannsthal, war Bodenhausen — Jurist, Kunstgelehrter und industrieller Organisator — zuletzt als Vorsitzender im Aufsichtsrat des Krupp-Konzerns tätig. Wilhelm von Bode hatte ihn zu seinem Nachfolger bei den Preußischen Staatsmuseen bestimmt, 1911 war er als Botschafter nach Petersburg vorgeschlagen und wurde auch als Nachfolger Bethmann Hollwegs genannt. So befand er sich „auf jenen merkwürdigen, durchaus die Signatur dieses Zeitalters tragenden Wegen", denen nachzuspüren besonders in späteren Jahren Hofmannsthal dringliche Sorge war. „Mich regt das im Tiefsten auf", schrieb er 1906 an Bodenhausen, „zu denken, daß Du in einen solchen Knoten von Dingen hineindringst, die mir die dunkelsten und wichtigsten unserer Zeit scheinen, in eines dieser merkwürdigen Machtzentren. Mir ist, als hätten wir Dich in einer Taucherglocke in eine wirkliche Finsternis hinabgelassen, unter einem furchtbaren Druck von Atmosphären, damit einer von uns, mit unseren Sinnen, unseren Nerven, unseren Kombinationen in seiner Phantasie: damit wir einmal erfahren, wie schwer diese Dinge wiegen, in unserem Gewicht gemessen." Zu Beginn des Weltkrieges, als beide, Bodenhausen in Deutschland und Hofmannsthal in Oesterreich, ihre Hände im großen Spiel hatten eine Ueber- raschung für jene, die Hofmannsthal für einen Nur-Aestheten hielten, wurden zwischen den Freunden „ostensible" Briefe gewechselt, die dazu bestimmt waren, höheren Ortes vorgelegt zu werden, um Schwierigkeiten zwischen den Verbündeten aus dem Weg zu räumen. Mit dem Schicksal der alten Monarchie, vor und während des Krieges, beschäftigen sich die wichtigsten und schönsten dieser Briefe. Wie sehr Hofmannsthals Sorgen um das Schicksal des Vaterlandes, seiner Kinder und seiner Freunde berechtigt und begründet waren — dies freilich empfindet nicht ohne Ergriffenheit erst der zeitgenössische Leser.

Und es begab sich ... Inwendige Geschichten um das Kind von Bethlehem. Von Karl Heinrich Waggerl. Otto-Müller-Verlag, Salzburg. 55 S.

Der „neue Waggerl" hat 25 Seiten Text, in die elf reizende farbige Holzschnitte von Ernst von Dombrowski eingefügt sind. Nun, man soll das Werk eines Kleinmeisters und Feinmechanikers des Humors nicht messen, aber man darf es wohl wiegen. Und da ist zu sagen, daß uns diese kleinen Legenden nicht „schlechthin glücklich" machen — wie etwa die stoffverwandten Legenden von Timmermans — und wie es der Klappentext verspricht. Der Autor schrieb in einer Tageszeitung, er könne zu seiner Entschuldigung „viel Aehnliches in volkstümlichen Legenden und Hirtenliedern aufzeigen”. Humor und Frömmigkeit säßen oft auf der gleichen Bank. Der Frage die nicht von uns aufgeworfen wurde, wie es nun mit der letzteren bei ihm bestellt sei, weicht Waggerl mit der Schleife aus „Ich bin gewiß kein frommer Dichter, weder das eine noch das andere". Also ein Humorist, der sich einmal an Legendenstoffen versucht hat. Da wir nicht den Eindruck haben, daß der Autor auf der Bank der Spötter sitzt, sieht auch der Rezensent keine Nötigung, vis i vis auf der Bank der Pharisäer Platz zu nehmen.

Das Boot der sündigen Fischer. Von Frederick Hazlitt Brennan. Roman. Verlag Otto Walter, Olten. 230 Seiten. Preis 11.60 sfrs.

Ein Buch, dem der Humor aus jeder Seite sprüht und leuchtet auch Gift sprüht und wetterleuchtet, ist eine Wohltat! Das britische Inselreich hat es immer verstanden, Bücher hervorzubringen, in denen der Humor zu Wort kommt oder stumm zwischen den Zeilen huscht. Auch Brennans Roman von einem armen, entlegenen irischen Fischerdorf und seinen dickköpfigen Bewohnern läßt in diesem Belang seiner nicht spotten. Abergläubisch bis zum Heidentum sind diese Iren, aber man wird immer wieder gewahr, was Aberglaube eigentlich ist: verbogener Glaube. Das Buch ist stark und gekonnt.

Ueber die Umkehr und die Einsicht. Von Jakob Böhme. Stifter-Bibliothek, Salzburg. 74 Seiten. Preis 12 S.

Jakob Böhme, der nun schon 330 Jahre tot ist, galt schon zu seiner Zeit als Mystiker, dem Einsicht in die Natur und in die Menschenseele gegeben war. So wurde der bescheidene Görlitzer Schuster vieler hochstehender Freunde Freund. Seither hat man ihn viel gefeiert, oft auch lange Zeit vergessen, aber immer wieder hervorgeholt, und wenn die vorliegende kleine Auslese den Untertitel „Fragen der Zeit" führt, so ist dies durchaus berechtigt: denn die Außenseite seines mystischen Wesens, die Prophetengabe, rückt ihn in die vorderste Reihe derer, die man Vorausdenker der Menschheit nennen möchte. „Böhmes Weltbild ist ein dynamisches wie das unserer modernsten Physik" — so urteilt Anton Brieger, der Herausgeber. „Er wird seine volle Würdigung erst finden im Zuge fortschreitender Erkenntnis auf allen wissenschaftlichen Gebieten."

Böhme, der Protestant, war durch und durch Christ, und seine tiefe Schau christlichen Wesens befähigte ihn zu einer Weltschau, in der unsere Gegenwart sich findet und unsere Zukunft sich andeutet.

Dieses kleine Büch ist — große Lektüre.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung