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Dichter und Komponist

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In diesem Jahr, da die musikalische Welt den 85. Geburtsag von Richard Strauß feiert, gedenken wir auch des 75. Geburtstages Hofmannsthals, dessen Todestag sich im Juli zum zwanzigsten Male jährt- Diese in der Kunstgeschichte der Gegenwart fast einzigartige Zusammenarbeit hat eine Reihe von Meisterwerken gezeitigt, über deren Entstehung wir durch den Briefwechsel zwischen dem Komponisten und seinem Textdichter bis in alle Einzelheiten unterrichtet werden ’. Die Korrespondenz reicht vom Ende des Jahres 1907 bis zum letzten Weltkriegsjahr und hat, neben einigen nicht realisierten Opernplänen, die folgenden Werke zum Gegenstand: „Elektra“, „Der Rosenkavalier“, „Ariadne auf Naxos“ (mit „Der Bürger als Edelmann“ nach Moliere), das Balllett „Josephslegende“ und „Die Frau ohne Schatten“. Noch nicht publiziert wurden die Briefe über „Die Ägyptische Helena“ und „Arabella“ — Hofmannsthals letzte Arbeiten für Richard Strauß.

Man ist gewohnt, die Beziehungen zwischen diesen beiden Künstlern ein wenig durch eine rosige Brille zu sehen, besonders, was die persönlichen Beziehungen anbetrifft. Doch zeigt sich bei aufmerksamer Lektüre der veröffentlichten Briefe — die durch die Zeugnisse einiger den beiden Künstlern nahestehender Zeitgenossen ergänzt werden — daß sich hier zwei grundverschiedene Menschen zu gemeinsamer Arbeit gefunden hatten. Die Rangfrage zu stellen, ist mißlich, da es sich um zwei verschiedene Kunstgebiete handelt. Doch kann gesagt werden, daß Stoff, Gehalt und Stil der gemeinsamen Werke ausschließlich von Hofmannsthal bestimmt wurden, daß hingegen dem erfahrenen Opernpraktiker Strauß ein wesentlicher Anteil bei der dramaturgischen Gestaltung — und damit der Wirksamkeit — zukommt, ganz abgesehen von der weitläufigen und erfolgsicheren Musik, mit welcher er die Hofmannsthalschen Texte ausstattete.

Dieses Verhältnis — und das spricht besonders auch für den Rang des Komponisten Strauß — wurde von beiden richtig erkannt, so daß sich der Komponist — nachdem einige von ihm vorgeschlagene Stoffe vom Dichter abgelehnt wurden — dessen Führung anvertraute und erst nach Hofmannsthals Tod den Weg zu anderen Textdichtern fand. In einem Brief vom 30. Mai 1916 kommt dieses Verhältnis sehr anschaulich und drastisch zum Ausdruck. Hofmannsthal schreibt:

„Ich habe herzlich lachen müssen über Ihren Brief. Das sind ja für mein Gefühl wahrhaft scheußliche Dinge, die Sie mir da proponieren, und könnten einen für lebenslang abschrecken, Librettist Zu werden, das heißt nicht irgendeinen, sondern gerade.

Richard Strauß, Briefwechsel mit Hugo von Hofmannsthal, Paul Zsolnay Verlag, Berlin, Wien, Leipzig.

midi … Das, was Ihnen vorschwebt, werde ich — mit bestem Willen — nie machen können, wenn ich wollte, würde ich’s nicht treffen, sondern es wird mir — wenn es sein soll — irgend etwas einfallen, das midi innerlich verlockt •. und das, was so entsteht, wird schon die Eigenschaft in sich haben, daß es Ihre Kräfte auf eine fridie und besondere Weise ins Spiel setzt, so war es ja bisher, das ist alles, was wir voneinander verlangen können. Seien Sie nur froh, daß idi Ihnen… das Element mitbringe, das die Leute be. fremden, das einen gewissen Widerstand hervorrufen wird. Sie haben schon zuviel Anhänger, sind schon allzusehr der Beherrscher des Augenblicks, sind allzu allseitig akzeptiert; mögen Sie sich an mir ärgern, das „Unverständliche“ für eine Weile widerkäuen: das ist eine Hypothek auf die kommende Generation ..

Mit dieser Voraussage hat Hofmannsthal — vorläufig mit Ausnahme der „Ägyptischen Helena“ — recht behalten. Denn die gemeinsam geschaffenen Opern erfreuen sich heute einer wirklichen Popularität, und was zunächst mit einem gewissen Widerstand vom Publikum aufgenommen wurde, etwa die „Ariadne“, erweist sich als das Kostbarste, das Bleibende.

Davon legten auch die vier Festvorstellungen zum 85. Geburtstag des Komponisten in der Staatsoper Zeugnis ab. Neben der „Salom e“ unter der Leitung Rudolf Moralts mit der darstellerisch und gesanglich gleichermaßen hervorragenden Ljuba Weil tsch in der Titelpartie und der an dieser Stelle bereits besprochenen „E 1 e k t r a“ hörten wir eine besonders glanzvolle Aufführung des „R o s e n k a v a 1 i e r s“ unter Karl Böhm in der Inszenierung Jergers sowie die „A r i a d n e“ mit Joseph Krips am Dirigentenpult, in der Inszenierung Walliiersteins (Anni Konetzni-Widmann, Wilma Lipp, Irmgard Seefried und Helge Roswaenge). Als wünschenswerteste Ergänzung dieses Zyklus erscheint wohl „Die Frau ohne Schatten“, die uns vielleicht in der kommenden Spielzeit geschenkt werden könnte.

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