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Der Schlüssel Dayans

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„Golda Meir ist der größte Staatsmann seit Ben Gurion. Ich möchte ihr in jeder Hinsicht behilflich sein, aber unter den gegebenen Bedingungen kann ich einer Regierung der kleinen Koalition nicht beitreten“, erklärte Sicherheitsminister Mosche Dayan auf einer Tagung seiner Fraktion, auf der dieser Beschluß bestätigt wurde. Dort wurde auch das erstemal laut und offiziell der Vorschlag gemacht, eine Koalition zwischen dem rechtsradikalen Likud und dem sozialistischen Maarach-Wahlblock (bestehend aus der Arbeiterpartei und der kleinen linkssozialistischen Mapam) zu bilden. Denn, so die Begründung: „Das ist der Wille der Mehrheit des Volkes.“

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„Golda Meir ist der größte Staatsmann seit Ben Gurion. Ich möchte ihr in jeder Hinsicht behilflich sein, aber unter den gegebenen Bedingungen kann ich einer Regierung der kleinen Koalition nicht beitreten“, erklärte Sicherheitsminister Mosche Dayan auf einer Tagung seiner Fraktion, auf der dieser Beschluß bestätigt wurde. Dort wurde auch das erstemal laut und offiziell der Vorschlag gemacht, eine Koalition zwischen dem rechtsradikalen Likud und dem sozialistischen Maarach-Wahlblock (bestehend aus der Arbeiterpartei und der kleinen linkssozialistischen Mapam) zu bilden. Denn, so die Begründung: „Das ist der Wille der Mehrheit des Volkes.“

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Wille der Mehrheit in der Arbeiterpartei allerdings ist dies keineswegs. Der Likud mit seinen 39 von 120 Parlamentsmitgliedern hat sich nach den Wahlen dem Maarach,, an dessen Spitze Frau Gölda Meir steht, schon einige Male angeboten. Doch die große alte Dame sagte immer „Nein“. Sie sieht weder eine gemeinsame gesellschaftspolitische Basis noch eine außenpolitische.

Dayan sah sich gezwungen, noch während des Oktoberkrieges Golda Meir seinen Rücktritt anzubieten, da damals bereits die Versäumnisse dieses Krieges zutage traten. Es war klar: Dayans Sicherheitspolitik und sein Konzept hatten versagt. Golda Meir nahm seinen Rücktritt nicht an. Auch sie ist schließlich als Ministerpräsident für die Versäumnisse mitverantwortlich. Zu jenem Zeitpunkt wäre Jizchak Rabin, der frühere Generalstabschef und Sieger des Sechstagekriegs, Dayans Nachfolger geworden. Gerade das aber wollte die alte Dame vermeiden. Rabin ist Golda Meir persönlich nicht sympathisch. Dayaln blieb.

Sechs Wochen lang plagte sich Gölda Meir mit der Religiös-Nationalen Partei, um diese zum Eintritt in die neu zu bildende Regierungs-koalition zu bewegen. Im Grunde genomimen stellten die Religiös-Nationalen keine allzu großen Forderungen, doch unter ihren zehn Parlamentsmitgliedern gibt es zwei Oppositionelle, die von einem Groß-Israel träumen und eine Wand-zu-Wand-Koalition, in der auch der Likud vertreten ist, propagieren. Um diese Opposition zum Schweigen zu bringen, gebärdeten sich die acht gemäßigten religiös-nationalen Abgeordneten radikaler, als sie es in Wirklichkeit sind. Sie versteiften sich darauf, „etwas zu erreichen“. Wenigstens sollte die Definition „Wer ist Jude?“ von der neuen Regierung nach orthodoxer Auslegung angenommen werden.

Nun machte Dayan seine Kanonen schußbereit. Golda Meirs Koalition, die mit den Religiös-Nationalen 68 von 120 Stimmen in der Knesseth gehabt hätte, bestand jetzt nur noch aus 58 Parlamentsmitgliedern. Wenn Dayan mit den 7 Stimmen seiner Fraktion absprang, war die Regierung verloren.

Dayans Popularität war bis dahin im Sinken begriffen gewesen. Plötzlich begann nun alles um seine Gunst zu buhlen. Der Likud, weil er mit Dayans Hilfe eine Regierung bilden könnte. Dayans Freunde und auch seine schärfsten Gegner innerhalb der Arbeiterpartei, weil sie sich bewußt wurden, daß eine kleine Koalition ohne Dayan hilflos wäre. Dayan weiß genau, daß die Quelle seiner Kraft im Lager der Arbeiterpartei liegt, er trieb daher seine Opposition nicht auf die Spitze. Er und sein Fraktionskollege Schimon Peres, zur Zeit Transportminister,wollten zwar der Regierung nicht beitreten, doch auch in Zukunft die kleine Koalition unterstützen.

Was Dayan will, hat er auf der RAFI-Tagung Ende der letzten Woche klar ausgedrückt: Neuwahlen. Denn er glaubt an seinen Wahlsieg, wenn er die Arbeiterpartei verläßt und allein an der Spitze seiner Fraktion kandidiert. Seine Chancen auf Neuwahlen scheinen nach Golda Meirs Designation gut zu stehen.

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