Inhaltliches Zugpferd Ö1

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Minderheitenangebot als Flankenschutz für Massensender: Kein Kanal erfüllt den öffentlichen Auftrag besser als der Radiosender Ö1.

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Minderheitenangebot als Flankenschutz für Massensender: Kein Kanal erfüllt den öffentlichen Auftrag besser als der Radiosender Ö1.

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Video killed the radio star? Das sangen schon 1979 hitträchtig die Buggles und war 1981 der erste Clip auf MTV. Doch während das Lied noch ein Ohrwurm ist, wirkt seine Titelthese grundsätzlich falsifiziert – zumindest für die Stärke eines Tonmediums gegenüber der Bildmacht. Denn einerseits konsumieren zwei Drittel der 18- bis 30-Jährigen Podcasts, andererseits bleibt der Hörfunk ungebrochen erfolgreich. Seine Tagesreichweite ist seit 2013 von 80,2 auf 76,1 Prozent gesunken. Damit liegt Radio vor TV (66,5 Prozent) und Zeitungen (52,2 Prozent) – obwohl die Basisdaten aufgrund der stärkeren Inhaltsdigitalisierung von TV und Print täuschen. Die durchschnittliche Hördauer ist sogar auf 201 Minuten angestiegen.

Aus diesem Blickwinkel sind aktuelle Offensiven des ORF und des stärksten privaten Herausforderers Kronehit besonders spannend. Dort arbeitet nun Georg Spatt, der langjährige Chef von Ö3, das mit 50 Millionen Euro Werbeeinnahmen eine wirtschaftliche Schlagader ist. Doch sie verliert Marktanteile. Vor zehn Jahren stand das Prozentmatch gegen alle Privaten 40:33, nun 32:44 in der Hauptzielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Parallel ist die Quote des ORF insgesamt von 64 auf 51 Prozent gesunken. Auch deshalb gibt es mit Ingrid Thurnher weiterhin eine Radiodirektorin, aber immer noch keinen Info-Direktor. Es geht einerseits darum, Radio im multimedialen Newsroom nicht unter die Räder von TV und Online geraten zu lassen, andererseits um Wettbewerbsfähigkeit.

Wichtiger aber wirkt der öffentliche Auftrag, den kein Kanal besser erfüllt als Ö1. Nicht von ungefähr gilt es als Vorbild für ORF III: Minderheitenangebot als Flankenschutz der Massensender Ö3 und ORF 2. Folgerichtig wird das deutlichste Merkmal der Neujustierung von Ö1 ab Fe­bruar keine Inhaltsänderung, sondern Tagesmoderation durch bekannte Stimmen. Didn’t video kill the radio star?

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst.

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