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Hiebe statt Liebe?

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„Kleinkind mit Fäusten zu Tode geprügelt, weil es in der Nacht geschrien hatte ..." (Kronen Zeitung, 21. Sept. 1980). Solche Schlagzeilen sind in der Presse Gott sei Dank selten zu finden. Das darf uns jedoch keinesfalls darüber hinwegtrösten, daß in den meisten Familien die Züchtigung im Rah-men der Kindererziehung leider noch immer einen gewissen Vorzug „genießt"! In den Augen vieler Eltern wäre Erziehung ohne Strafe nicht denkbar.

Aspekte wie Erziehungsnormen, Züchtigungsverhalten sowie dessen Ursachen, Hintergründe und Auswirkungen werden in dem erst kürzlich erschienenen Buch „Die gesunde Ohrfeige macht krank" aufgezeigt. Die traurige Bilanz dieser Untersuchung: „Der Österreicher kann mit Fug und Recht als ein strafender Erzieher bezeichnet werden . . .!"

Auch eine von der Zeitschrift „Eltern quot; durchgeführte Befragung ergab, daß etwa ein Drittel der Testpersonen den Klaps oder die Ohrfeige für die einfachste und wirksamste Strafe halten.

Das 1979 propagierte „Jahr des Kindes quot; konnte trotz einiger positiver Aktionen keine wesentliche Verbesserung der Situation herbeiführen. Auch Aufkleber („Ein Herz für Kinder" etc) zählen nicht zu den geeigneten Aufklärungsmaßnahmen.

Zwar existiert in Österreich seit 1978 ein „Verein für gewaltlose Erziehung", die Mitgliederzahl liegt jedoch wesentlich unter der des Tierschutzvereins! Dieser Umstand müßte uns eigentlich zu denken geben. Umso mehr, da eindeutig erwiesen ist, daß Prügel eine inadäquate und somit sinnlose Bestrafung sind.

Züchtigung als Abschreckmittel prägt das Verhalten des Kindes in der Form, daß es Verbotenes aus Angst, nicht aber - was sehr wichtig wäre - aus Einsicht unterläßt.

Nur 20 Prozent der Erwachsenen scheinen zu wissen, welche Folgen eine Ohrfeige haben kann. Abgesehen von möglichen körperlichen Schäden wirkt sie entwürdigend und somit seelisch verletzend.

Der weitverbreitete Standpunkt, Erziehung sei Privatsache, ist unhaltbar und kann sogar als eine Art passive Mittäterschaft bezeichnet werden.

Dieses „Vogel-Strauß-Verhalten" führt dazu, daß nur etwa 5 Prozent der Mißhandlungen auch tatsächlich vor Gericht kommen!

In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, daß rund 15 Prozent der Bevölkerung an schweren psychischen Störungen, weitere 20 Prozent an solchen leichten Grades leiden. Liegt da ein Zusammenhang mit der heute gängigen Erziehungsmoral nicht auf der Hand?

Günter Pernhaupt/Hans Czermak: DIE GESUNDE OHRFEIGE MACHT KRANK. Verlag ORAC, Wien 1980.

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