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Im Stile Petras & Gerts

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Ungeplant und doch wie abgesprochen treffen wir uns frühmorgens am Bonner Hauptbahnhof - vier Friedens- und Bürgerbewegte aus Ostberlin und ich als einer der beiden österreichischen Gäste. Für den letzten Oktobertag hatten die deutschen Grünen zur Gedenkfeier an Petra K. Kelly und Gert Bastian in die Beethovenhalle eingeladen.

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Ungeplant und doch wie abgesprochen treffen wir uns frühmorgens am Bonner Hauptbahnhof - vier Friedens- und Bürgerbewegte aus Ostberlin und ich als einer der beiden österreichischen Gäste. Für den letzten Oktobertag hatten die deutschen Grünen zur Gedenkfeier an Petra K. Kelly und Gert Bastian in die Beethovenhalle eingeladen.

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Beim gemeinsamen Frühstück erinnern wir uns an den Mai 1983, als die beiden mit zwei weiteren BRD-Grünen auf dem Ostberliner Alexanderplatz das Transparent „Schwerter zu Pflugscharen" entrollten - und prompt verhaftet wurden. Mit Robert Jungk und anderen Friedensaktivisten hatte ich damals am Grenzposten Friedrichstraße mit Erfolg Protest eingelegt. Bei ihren Folgeaktionen sammelten sich die versprengten DDR-Oppositionellen und zwangen Honecker, sich erstmals mit ihren Forderungen auseinanderzusetzen.

Wie viele würden sich fast zehn Jahre später zum Gedenken an ihre Fürsprecher einfinden? Mit der politischen Reliquie, dem Transparent, in der Hand kamen meine Ostberliner Freunde leider nur bis in die Garderobe der Beethovenhalle. Alles abgeben!

Als die Europaparlamentarierin Eva Quistorp Robert Jungks Grußwort verliest, in dem er vorschlägt, in einem „Kelly-Archiv" nicht nur Papiere, sondern auch die verzweigten Kontakte der beiden weiter zu nützen, kommt spontaner Beifall auf. So sehr sich ihre politischen Kontrahenten aus SPD und Grünen - darunter Oskar Lafontaine, Joschka Fischer und Ludger Vollmer - auch bemühen, ihre

Betroffenheit glaubhaft zu vermitteln, bleibt doch die Erinnerung an viele aktive oder passive Be- und Verhinderungsstrategien, mit denen sie nicht nur der politischen Karriere der beiden, sondern auch wichtigen internationalen Projekten Prügel in den Weg legten - so etwa dem „Tibet-Hearing", das Mitte dieses Monats vor dem Europaparlament in Straßburg eine Fortsetzung finden wird.

Der Botschafter des Dalai Lama drückt es zurückhaltend aus, der Russe Lew Kopelew und die Ostberlinerin Bärbel Bohley sind in ihrer Kritik direkter. Sie ist es auch, die doch noch wenigstens kurz ein Zweitexemplar des ausgesperrten Transparents hochhält. Freda Meissner-Blau gelingt es, den Bogen von der - aus übermäßiger Sorge - sich selbst ausbeutenden Aktivistin Petra über deren Unterstützung für die österreichischen AntiAtom-Kampagnen bis zu ihren Zukunftsplänen zu spannen, die eine totale Resignation der beiden Verstorbenen wenig wahrscheinlich erscheinen lassen.

Die Britin Sara Parkin, früher Europa-Koordinatorin der Grünen, reflektiert mit mir ihre bitteren Erfahrungen und daß wir neue, humanere Formen des Engagements entwickeln müssen. Jänos Varga vom „Donau-Kreis" in Budapest erinnert mich an Hainburg und bittet uns um gleichen Einsatz gegen Gabdiko vo. Und knapp vor Mitternacht, wieder am trostlosen Bonner Bahnhof, erzählt mir Milo Yellow Hair, der die Botschaft der amerikanischen Indianer überbracht hatte, bewegt von seinen Gesprächen mit Schülern in Österreich und Deutschland. Es war ein langer Tag der Dialoge - ganz im Sinne und Stil von Petra und Gert.

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