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Keine Spieler

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Der Versuch, dem schwarzen Montag an den Weltbörsen positive Seiten abzugewinnen, mag Kopfschütteln auslösen. Dennoch glaube ich, daß man in diesem Kurssturz mit der Distanz von drei Wochen auch diese positiven Aspekte findet. Zumindest aus österreichischer Sicht.

Zunächst einmal hätte uns der Kurseinbruch hierzulande zu einem weit ungünstigeren Zeitpunkt treffen können. Also beispielsweise unmittelbar nach der ersten Privatisierungswelle. Scharfe Kursverluste der Neuaktionäre hätten dann wahrscheinlich weitere Privatisierungsbemühungen für längere Zeit unmöglich gemacht. Und wahrscheinlich überhaupt das Instrument Aktie bei vielen Österreichern diskreditiert.

Der Kurseinbruch zum jetzigen Zeitpunkt hingegen kann mithelfen, daß viele an der Börse grundsätzlich Interessierte von Haus aus die richtige Einstellung zum Instrument Aktie bekommen: Die Aktie ist für den Anleger eine Beteiligung an der Substanz eines Unternehmens, die Chancen und Risken in sich birgt, nicht aber die Eintrittskarte zum schnellen Geld!

In den letzten Jahren mußte durch den überzogenen Boom an den Weltbörsen und die entsprechend aufgeheizte Berichterstattung in den Medien bei vielen Laien der Eindruck entstehen, auf der Börse ging's zu wie im Casino — nur mit deutlich höheren Gewinnchancen. Man kam sich, wenn man die Jubelmeldungen verfolgte, ja geradezu blöd vor, sein Geld mit der Hände Arbeit zu verdienen.

Daß es aber gefährlich ist, die Börse in erster Linie als Spiel aufzufassen — bei dem, wie in Japan und den USA, der Einsatz womöglich auch noch mit Krediten finanziert wird —, dürfte nunmehr für einige Zeit klargestellt sein. Erfreulicherweise ohne daß wir in Österreich allzuviel Lehrgeld dafür zahlen mußten: Es gibt in Österreich bis dato nur etwas mehr als 100.000 Aktionäre.

So ist zu hoffen, daß die traditionsreiche, in den letzten Jahrzehnten als Finanzierung sinstrument aber nur wenig genutzte Wiener Börse, beginnend mit dem Verkauf der ÖMV-Aktien nächste Woche, das Publikum bekommt, das man ihr wünschen muß: Keine Spieler, sondern am Geschehen in den Unternehmen interessierte Anleger.

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