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Koloraturen in Uniform

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Von den 67 Opern Donizettis hat sich neben „Lucia“, „Liebestrank“ und „Don Pasquale“ nur noch die „Regimentstochter“ auf dem Spielplan der Musiktheater erhalten. Die Volksoper hat sich jetzt des selten gegebenen Werkes angenommen und dadurch mit einer liebenswürdigen, leicht hingeworfenen Musik bekannt gemacht, die neben echt italienischer, auf die Singstimmen Bedacht nehmender Melodik auch manche triviale, aber ihre Wirkung nicht verfehlende Partiturabschnitte bringt. Der Komponist verstand es, gefühlvolle Arien und wirkungsvolle Ensembles, aber auch kräftige, bombastische Soldatenchöre zu schreiben. Und eine richtige italienische

Potpourri-Ouvertüre kaptiviext sofort die Hörer.

Das nach dem Schema alter, recht unwahrscheinlicher Erkennungsund Wiederflndenszenen abgefaßte Libretto (deutsche Bearbeitung von Karl Stueber) erzählt die Geschichte der von einem Findelkind zur Regimentsmarketenderin herangewachsenen Marie, ihres Lebensretters und Freundes Tonio und einer adelsstolzen Marchesa, die sich schließlich als ledige Mutter Maries herausstellt. Eingeflochten ist kriegerisches Soldatenleben, vermischt mit rührseligen Episoden zwischen einem alten Sergeanten und Marie, der von ihren Grenadieren verehrten Regimentstochter.

Das Geschick der Oper hängt im wesentlichen von der Besetzung mit einer allen Koloraturen und

Fiorituren gewachsenen Primadonna assoluta ab, die aber auch Wärme und Herzlichkeit in ihr Singen hineinlegen muß. Reri Grist erfüllt alle diese Forderungen in höchstem Maß, setzt ihrem Sopran Glanzlichter in der hohen Lage auf und entzückt durch ihr natürliches Spiel. Als Tonio hat es Adolf Dallapozza nicht ganz leicht, sich mit seinem schönen, wenn auch manchmal enggeführten Tenor neben dieser Künstlerin zu behaupten. Oskar Czerwenka als forsch auftretender Sergeant Sulpice versteht es, sich auch gesanglich gut durchzusetzen, da seine Partie keine besondere Tiefe verlangt. Sehr gut im Spiel, weniger glücklich in der stimmlichen Altlage präsentierte sich Irmgard Seefried als Marchesa, in der kleinen Rolle einer Herzogin agierte Ljuba Welitsch mit Adele-Sandrock-Posen und entsprechendem Organ. Als Begleiter der Marchesa sei Kurt Ruzicka, als eleganter Tanzmeister Janez Miklic erwähnt.

Mit hörbarer Liebe nahm sich Argeo Quadri der Partitur an, sowohl in ihren feinen als auch leicht trivialen, mit Blech gepanzerten Stellen. Sicher studiert zeigte sich der Chor, der vor der im allgemeinen gelungenen Regie Nathaniel Merrills auch in lebendigem Spiel eingesetzt war. Das besonders hübsche Bühnenbild des zweiten Aktes stellte ebenso wie die farbenfrohen Kostüme Toni Businger bei. Ein Premierenvolltreffererfolg mit zahlreichen Vorhängen.

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