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Konsens wäre Illusion

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„Kampfabstimmung” auf dem ÖVP-Parteitag zwischen Erhard Busek und Bernhard Görg: Das ist nach allem, was schon passiert ist, mit Abstand das Beste, was dieser Partei noch widerfahren kann. Schade nur, daß zu viele (auch Busek selbst) zu lange noch von einem „Konsenskandidaten” des Parteivorstandes träumten.

Es gibt in dieser Partei derzeit keinen Konsens in der Obmannfrage. Und es gibt auch keine Bereitschaft der einzelnen Gruppen, sich eine hinter verschlossenen Türen ausgepackelte „Kompromißlösung” verordnen zu lassen. Da ist die ehrliche Entscheidung zwischen zwei (oder mehr) Möglichkeiten (wer weiß, was den Parteitagsdelegierten noch einfällt?) viel gescheiter. Wenn überhaupt noch eine Chance darauf besteht, daß die Anhänger des unterlegenen Bewerbers den Sieger unterstützen, dann nach einer demokratischen Wahl. Darauf gilt es zu bauen.

Es war auch richtig, daß sich niemand zu einer Kandidatur zwingen ließ. Eine politische Vergewaltigung an der Parteispitze (Josef Riegler war eine solche) ist genug. Warum soll sich jemand zu etwas nötigen lassen, was er nicht tun möchte oder nicht tun kann und wofür es knapp nach dem Siegesjubel des Parteitags von den eigenen Parteiwählern wieder Hiebe setzen würde? Jetzt kandidieren zwei, die möchten. Das ist sauber.

Nicht sauber war die Art, wie auf die erste Nominierung reagiert worden ist. Kaum war der Name Görg heraußen, trafen schon die ersten Tiefschläge der Widersacher ein. Kein Mensch sagte: „Da ist der niederösterreichischen Stahlhelmfraktion ein überraschend origineller Kandidat eingefallen!” Alle reagierten so: „Muß das ein Reaktionär sein, wenn er von der Stahlhelmfraktion nominiert wird!” Das war eine sehr ungerechte Reaktion. Görg wäre als Parteiobmann sicher eine reelle Chance.

Erhard Busek ist unbezweifelbar die stärkere politische Potenz. Er tritt unter optimalen Bedingungen an, nachdem zahllose (auch ihm kritisch gegenüberstehende) Parteigranden im voraus erklärt haben, ein „gestandener Politiker” sei vonnöten. Voraussetzung für künftige Parteierfolge wäre freilich, daß die starke, emotional aufgeladene Anti-Busek-Partei in der Partei ihn loyal unterstützt. Und er sich nicht wieder selbst im Wege steht. Und daß der tölpelhafte Versuch, den Konflikt zu einer CV- kontra KHJ-Rivalität hochzustilisieren, durch die Praxis widerlegt wird. Hoffentlich wählen viele Nicht-CVer auf dem Parteitag Görg und viele CVer Busek.

Die Situation der ÖVP ist zu ernst, als daß man sie auch noch mit Flügelkämpfen der Steinzeit belasten dürfte. Überzeugte Katholiken sollten weder mit Busek noch mit Görg Probleme haben. Wenn der Parteitag zum reinigenden Gewitter und die Abrüstung der Hackl-werfer zur Pflicht wird, darf man hoffen. Aber nur dann.

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