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Reform ade?

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Gegen die geplante große Steuerreform formiert sich der Widerstand. Eine Konfrontation der Regierung mit der Gewerkschaft zeichnet sich ab. Die Weichen werden beim bevorstehenden Bundeskongreß des österreichischen Gewerkschaftsbundes gestellt.

Finden nämlich die Anträge der Fachgewerkschaften zur Steuerpolitik eine Mehrheit, ist der (Ver-)Handlungsspielraum der neuen OGB-Spitze nur mehr minimal. Nicht genug damit, daß bestehende Ausnahmebestimmungen für die Steuerleistung verteidigt werden, wird der Wunsch nach neuen Extrawürsten laut.

„Eine künftige Änderung des Steuersystems“, wollen die Postgewerkschafter als ÖGB-Kurs festgeschrieben wissen, „darf nicht zu Lasten der bereits bestehenden Begünstigungen gehen. Es ist vielmehr danach zu trachten, daß der Steuertarif für laufende Bezüge unter Beibehaltung der bereits bestehenden Begünstigungen gesenkt wird.“ Nur geringfügig reformfreundlicher die Metaller, die jedenfalls „Sonderzahlungen (13. und 14. Bezug), Zulagen und Zuschläge sowie Beiträge zu Interessenvertretungen unangetastet“ sehen möchten, ein Kurs, der auch bei Druck und Papier vehement vertreten wird.

Sieht man von einer Tarif senkung ab, darf sich — bei den Dienstnehmern natürlich nur — nichts zum Nachteü andern. Nichts bei den Werbungskostenpauschalbeträgen für bestimmte Berufsgruppen, nichts bei der Besteuerung von Uberstunden (Antrag Kunst, Medien, freie Berufe).

Und sogar die Tarifanpassung soll möglichst automatisiert werden. „Die Milderung der Steuerprogression sowie die Veränderung dieser in entsprechenden Zeitabständen um das Ausmaß der durchschnittlichen Erhöhung der Lebenshaltungskosten“, bringen die Privatangestellten als OGB-Forderung ein.

Das ist aber auch die einzige Fachgewerkschaft, die sich über Einnahmen den Kopf zerbrochen hat. Nicht neu, aber sozusagen ÖGB-offiziell: die Quellensteuer, um Zins- und Kapitaleinkommen steuerlich zu erfassen.

Erfinderischer ist man in Gewerkschaftskreisen hingegen bei neuen Ausnahmewünschen im Steuerrecht. In Analogie zum KFZ-Pauschale fordert die Gewerkschaft der Eisenbahner eine Steuerbegünstigung für Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel, während die Lebens- und Genußmittelarbeiter sogar zum KFZ-Pauschale dazu noch 2000 Schilling monatlich für Nacht- und Schichtarbeiter steuermindernd reklamieren. Daß daneben noch die Erhöhung der bisherigen Steuerfreibeträge etwa für Jubiläumszuwendungen und für Fehlgeldentschädigungen verlangt wird, charakterisiert eine Bewußtseinslage, die den Grundintentionen der angepeilten Steuerreform — weniger Ausnahmebestimmungen, dafür eine spürbare Tarif Senkung — diametral entgegensteht.

Das Fehlen konstruktiver gewerkschaftlicher Reformüberlegungen - kein Wort findet sich übrigens zum heiklen Thema Abfertigung (FURCHE 33/1987) in den Anträgen der Fachgewerkschaften — macht den OGB zu einem unberechenbaren Gesprächspartner für die Koalition: weil eher das Verhindern im Vordergrund steht, die Fortschreibung des geltenden Systems mit neuen Extrawürsten dazu. Ist aber eine Reform gegen den OGB durchsetzbar?

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