6858076-1977_24_07.jpg
Digital In Arbeit

Terror, Rauschgift und wenig Sicherheit

Werbung
Werbung
Werbung

Die aus den Wahlen vom 25. Mai hervorgegangene Volksvertretung und die Regierung werden die sozio-öko- nomischen Probleme zweifellos mit Vorrang behandeln müssen, wenn sie die Position der Niederlande als eines der reichsten Länder der Welt erhalten oder gar verbessern wollen.

Ebenso aber werden Parlament und Regierung nicht umhin können, der inneren Sicherheit ihre Aufmerksamkeit und Entschlußkraft zu widmen, weil der Anstieg der Kriminalität in den letzten Jahren mit einem Vertrauensverlust des In- und Auslandes gepaart ist.

Die beängstigende Zunahme der Gewaltverbrechen, die Ausbreitung des Terrorismus und die unzulängliche Bekämpfung des Rauschgifthandels haben die niederländische Polizei in Verruf gebracht.

In Wirklichkeit aber hat die weltfremde Verharmlosung der Zustände durch eine „progressive”‘ Kabinettsmehrheit verhindert, daß die weitgehenden Pläne der christ-demokrati- schen Minister für Justiz und des Inneren zur dringend notwendigen Verstärkung der zu einem Drittel unterbesetzten Polizei rechtzeitig ausgeführt wurden.

1976 erfolgten in den Niederlanden 260 Raubüberfälle mit einer Beute von zehn Millionen Gulden. 1974 wurden über 200.000 Diebstähle registriert, doch der in den Jahren 1975 und 1976 aktenkundig gewordene Anstieg der Diebstähle stimmt mit der Realität nicht überein, weü nach Meinung des Justizministers zwar immer mehr gestohlen, aber immer weniger Diebstähle gemeldet werden. Einschüchterungspraktiken und Terror haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen.

Um nur die wichtigsten Fälle erledigen zu können, muß ein niederländischer Kriminalbeamter wöchentlich 60 bis 100 Stunden arbeiten.

Und so manchem österreichischen Touristen, dessen Auto in Amsterdam „geknackt” worden ist, sind die Polizeireviere im Stadtzentrum auf dem Leidsepiein, am Singel und in der Warmoesstraat wohlbekannt. Was die meisten allerdings nicht wissen, ist die menschliche Überforderung, denen die Beamten in diesen Revieren ausgesetzt sind. Ein Amsterdamer Rechercheur arbeitet wöchentlich zwischen 80 und 100 Stunden. Dennoch haben sich die Amsterdamer Polizisten in ihrer Pflichterfüllung nicht beirren lassen und dies, obwohl sie gerade in letzter Zeit neben zahlreichen Sensationsberichten aus aller Welt auch noch parteipolitischen Angriffen ausgesetzt waren, die dem Zweck dienen sollten, Versäumnisse politischer Entscheidungen zu vertuschen.

Die niederländische, insbesondere die Amsterdamer Rauschgiftszene, sollte ebenfalls unter diesen Aspekten gesehen werden. Dem zähen Durchsetzungsvermögen des bisherigen Justizministers Van Agt ist es zuzuschreiben, daß die Rauschgift bekämp- fung inzwischen wirkungsvoller vonstatten geht.

Wer als Ausländer beim Rauschgifthandel ertappt wird, muß mit seiner Ausweisung rechnen. Das güt auch für den Handel mit „soft-drugs”. 1976 sind weit über 10.000 Kilogramm Haschisch, Haschischöl, Marihuana und andere (angeblich ach so harmlose) Drogen konfisziert worden. Die niederländische Reklassierungsvereini- gung führt in Zusammenarbeit mit dem Rundfunk NOS eine Aufklärungsaktion durch, um Urlauber vor dem Gelegenheitsschmuggel mit Rauschgiften zu warnen. Von den 337 im Ausland inhaftierten Niederländern verbüßen 224 hohe Strafen wegen Rauschgiftdelikten.

Für eine baldige Eindämmung der Gewaltverbrechen und des Rauschgifthandels wären der neuen niederländischen Regierung nicht nur die Touristen aus aller Welt, sondern auch viele besorgte Eltern dankbar.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung