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„... würdig der Qual“

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„Wenn Leben überhaupt einen Sinn hat, dann muß auch Leiden einen Sinn haben. Gehört doch das Leiden zum Leben irgendwie dazu - genauso wie das Schicksal und das Sterben.“ Und wenn Leiden, wenn Sterben sinnlos ist, wäre es auch sinnlos, das Lager zu überleben. Kann der Sinn des Lebens tatsächlich von Gnaden eines Zufalls abhängen, ob man davonkommt, wäre solch ein Leben überhaupt wert, gelebt zu werden?

Viktor E. Frankl stellt diese Überlegungen an in seinem Erlebnisbericht aus dem Konzentrationslager, nachdem er mit einfachen unpathetischen Worten seinen persönlichen Weg von der Einlieferung ins Lager Auschwitz bis zur Befreiung durchs Rote Kreuz beschrieben hat.

Er stellt in berührender, menschlieh ungemein anteilnehmender Weise die verschiedenen Stadien und psychischen Entwicklungen dar, die jeder Häftling mehr oder weniger intensiv durchläuft.

Und trotzdem hält Frankl auch unter den entsetzlichen Bedingungen des Lagerlebens das, was mit dem Menschen, mit seiner Würde geschieht, für das Ergebnis einer inneren Entscheidung, sich zum Objekt der äußeren Umstände machen zu lassen oder nicht.

Freüich sind für eine solche Entscheidung Ziele in der Zukunft notwendig, Hoffnung auf nachher. Für Frankl selbst hat hier die reale Erfahrung der Wahrheit, daß Liebe das Letzte, Höchste ist, Gestalt gewonnen: im Innersten hingegeben an das Bild seiner geliebten Frau ist Seligkeit - auch wenn man nicht weiß, ob der geliebte Mensch überhaupt noch am Leben ist. Nicht nur tätiges, schöpferisches, genießendes Leben hat Sinn, auch Leid ist Aufgabe und „Leistung“!

Dostojewski war es, der einmal gesagt hat: „Ich fürchte nur eines: meiner Qual nicht würdig zu sein.“

...TROTZDEM JA ZUM LEBEN SAGEN. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager. Von Viktor F. Frankl. Kösel-Verlag Münchenl977,198Seiten,öS 102,-.

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