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Späte Kafka-Ehrung
Die Zeit, da die Kommunisten konsequent genug waren, Franz Kafka als „bürgerlich-zersetzendes Element“ aus dem Bereich der von ihnen akzeptierten Literatur auszuschließen, ist vorbei. Man läßt aus vielerlei Gründen, unter denen die attraktive Kraft des Namens Franz
Kafkas auch für den Fremdenverkehr der kommunistischen Tschechoslowakei gewiß nicht der letzte sein dürfte, seit einigen Jahren Kafka- Studien, Kafka-Diskussionen und Kafka-Feiern auch in seiner Geburtsstadt Prag zu, wobei als Hauptmotor der in der stalinistischen Zeit eingekerkerte frühere tschechoslowakische Diplomat und nunmehrige Universitätsprofessor Dr. Eduard Goldstücker in Erscheinung zu treten pflegt. Nun ist vor kurzem an Franz Kafkas Geburtshaus in Prag I, Uradnice 5 („Beim Rathaus“)
sogar eine Gedenktafel angebracht worden, ein Werk des akademischen Bildhauers Karel Hladik, welcher den Kopf Franz Kafkas auf Grund einer Photographie aus dessen Jugendjahren nachgebildet hat. Die Tafel zeigt die Aufschrift „ZDE SE 3. 7. 1888 NARODIL FRANZ
KAFKA“ („Hier wurde Franz Kafka am 3. 7. 1888 geboren“), wobei im Hinblick auf die prinzipielle Ablehnung alles Deutschsprachigen in Prag, wie sie zu Kafkas Lebenszeit und nachher geherrscht hat, die Übernahme der deutschen Form von Kafkas Vornamen (tschechisch heißt Franz František) bemerkenswert ist. Bei der Enthüllung der Gedenktafel waren Vertreter des tschechoslowakischen Schul- und Kulturministeriums, der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften und des Nationalausschusses der Stadt Prag anwesend. Ein Sprecher der Stadt nahm die Gedenktafel offiziell in städtische „Obhut“, wobei er der internationalen Bedeutung Kafkas und seiner Zugehörigkeit zu Prag Erwähnung tat. Prof. Goldstücker betonte in seiner Festrede die Symbiose tschechischer, deutscher und jüdischer Kultur im Oeuvre Kafkas. Als Kafka 1924 starb, wurde er in einem Nachruf in der tschechischen Zeitung „Närodni listy“ von seiner Freundin Milena Jesenskä als „Deutscher, der unter uns gelebt hat“ bezeichnet.
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