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Vermarktung Kafkas
Mit zwei sehr unterschiedlichen Büchern wird anläßlich seines 70. Todestages der Dichter Franz Kafka zum literarischen Vorbild, aber auch zur Romanfigur.
Mit zwei sehr unterschiedlichen Büchern wird anläßlich seines 70. Todestages der Dichter Franz Kafka zum literarischen Vorbild, aber auch zur Romanfigur.
Karl Kafka heißt der Protagonist in Christoph Braend-les Band „Jede Menge Kafka”. Kafka, Versicherungsangestellter und privater Kafka-Forscher folgt einer Aufforderung des Prager Kafka-Spezialisten Bendelmayer nach Prag zu kommen. Grund: der dritte Teil der Trilogie „Die Strafe” von „Der Prozeß” und „Das Urteil”. Als Karl Kafka im Turm eintrifft, ist Bendelmayer bereits ermordet, seine einzige Bekleidung ist das Deckblatt des gesuchten Manuskripts „Die Strafe”. Auf der Suche nach den Mördern und Kafkas Werk erlebt der Held im wahrsten Wortsinne Roßmannsche Abenteuer.
Doch was anfänglich wie ein spannender Krimi anmutet, entwickelt sich auf den nachfolgenden 100 Seiten zu einer Verarbeitung von Motiven aus Franz Kafkas Werk. Pointe: die Strafe des Helden, zwar nicht Ertrinken, aber „es war als sollte die Scham ihn überleben”.
Wen nimmt es also wunder, wenn der Klappentext „mysteriöse Abenteuer” ankündigt, „für die der Begriff ,kafkaesk' erfunden worden sein könnte...”. Das Buch lehrt den Leser aber das Gegenteil, denn Karl Kafkas Abenteuer bedienen sich des inflationär gebrauchten Begriffes im voraus.
Die 70. Wiederkehr von Kafkas Todestag nimmt auch der iranische Ebdlschriffsteller Hamid Sadr zum Anlaß, die letzten Monate des Schriftstellers, die ihn durch drei Sanatorien führen, neu zu erzählen. Als Basis dienen ihm dabei Kafkas Gesprächsblätter, die der Schriftsteller zur Verständigung verfaßt hat, nachdem ihm nicht nur eine Schweigekur aufgrund seiner Kehlkopftuberkulose verordnet worden war, sondern ihm auch das Reden selbst immer schwerer wurde. Diese Gesprächsblätter geben Sadrs Roman. Briefe Kafkas und Passagen aus seinem Werk verwebt Sadr zu einem berührenden Roman, der akri-bisch kleinste Details mit Phantasie auszubauen versteht und eine Geschichte von Kafkas Familie, Dora Diamant und Robert Klop-stock-erzählt. Eine Dohle (tschechischer Namensvetter und Emblem des väterlichen Firmenschildes des Autors) tritt anfänglich als unterstützender Erzähler Sadrs auf.
Die Verflechtung von Realität und Fiktion, gepaart mit dem erzählerischen Talent lassen einen neuen Roman entstehen.
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