Der doppelte Jubilar

Werbung
Werbung
Werbung

Die Schar der Würdiger ist groß. Das zeigt die "Festschrift für Egon Kapellari". Der Bischof selbst legt ein Buch zu Kirche und Kunst dazu.

Doppelte Jubiläen bedürfen besonders gewichtiger Wertschätzung. Der Grazer Bischof Egon Kapellari blickt auf solch ein Doppeljahr zurück - Anfang 2006 feierte er den Siebziger, im Dezember sind es 25 Jahre, dass er zum Bischof ernannt wurde - zunächst für die Diözese Gurk-Klagenfurt, ab 2001 als Hirte von Graz, das er schon 1964-81 als Hochschulseelsorger geprägt hatte. Als "Intellektueller" unter Österreichs Bischöfen wurde Kapellari auch vom Rezensenten apostrophiert. Folgerichtig, wenn die Festschrift für den doppelten Jubilar mit 1212 Seiten sich als schon im Wortsinn schwergewichtiges Werk präsentiert.

Im Lauf der Jahre stieg also die Schar der Würdiger, sodass deren gemeinsames Opus den Leser ob der schieren Fülle entmutigen könnte. Dem entgegen merkt der Rezensent an: Es ist durchaus lohnend, einen Blick ins Buch zu werfen und zu entdecken, was der Titel Identität und offener Horizont nicht zu Unrecht verspricht.

Neben den Beiträgen von Kardinälen, Bischöfen, Bundespräsident, Kanzler, Politikern, Wissenschaftern, Publizisten, die in einer Festschrift "erwartet" werden, stechen zahlreiche Zugänge hervor, die überraschen. Natürlich ist der Bereich Kunst, für den Kapellari seit seiner Zeit als Hochschulseelsorger steht, auch in Identität und offener Horizont markant vertreten. Einige Kleinode hält das Buch bereit - man sollte sie lesen. Etwa das des Theatermachers Martin Ku\0x0161ej über den Bischof als Freund (wenige andere würden sich dem Protagonisten auf diese Weise nähern), in dem man Unvermutetes über den Menschen Egon Kapellari erfährt. Oder das Gedicht von Friederike Mayröcker, in dem sie fragt: ... ich seh keine Blumen die Nacht des Geschriebenen während / du gleichsam die Liebe bewegst wie soll das ausgehen unsere liebe Frau / von den Schatten ...

Dann Essays, die sich dem Bischof "dialektisch" nähern, wie der evangelische Superintendent Hermann Miklas, der das Gespenst des Relativismus auszutreiben sucht, also der Befürchtung einer Herrschaft des Relativismus, die Kapellari nicht fremd ist, Argumente entgegensetzt. Oder der recht verstandene Multikulturalität propagierende Einwurf von Furche-Herausgeber Heinz Nußbaumer, der im Zitat gipfelt: "Dein Christus ein Jude, Dein Auto ein Japaner, Deine Pizza italienisch, Deine Demokratie griechisch, ... Deine Zahlen arabisch, Deine Schrift lateinisch, Dein Urlaubsziel türkisch, spanisch, siamesisch. Und Dein Nachbar? Nur ein Fremder?"

Der Dialektik setzt Hans Dichand in seinem Beitrag - im Wortsinn - die Krone auf, in dem er Kapellaris Definition eines Propheten zitiert ("Inmitten einer ... geschwätzigen Gesellschaft soll er dem Wort Gottes seine Stimme geben ...") und selbige Dimension auch für die - kein Witz! - Kronen Zeitung in Anspruch nimmt.

Solches und noch viel mehr findet sich in dieser Festschrift. Und wer den Bischof selbst nachlesen will, respektive das, was er kenntnisreich über Kunst und Kirche sagt, sollte den Band Bis das Licht hervorbricht zur Hand nehmen, in dem Kapellari wesentliche Beiträge zum Thema aus 25 Jahren zusammengestellt hat.

Identitiät und offener Horizont

Festschrift für Egon Kapellari. Hg. Franz Lackner, Wolfgang Mantl. Verlag Styria, Wien 2006. 1212 Seiten, geb. e 34,90

Bis das Licht hervorbricht

Fragen zwischen Kirche und Kunst.

Von Egon Kapellari

Verlag Styria, Wien 2006. 263 Seiten, 16 Farbtafeln, geb. e 24,90

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung