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Falsche Sicht des Menschen

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Familienbischof Küng hatte noch bei der Präsentation des Dokuments über den Kom- munionempfang für wiederverheiratete Geschiedene die Frage nach Sanktionen für zuwiderschreibende oder -handelnde Theologen und Seelsorger als typisch für Medien abgetan, die nur auf Konfliktstoff aus seien. Zwei Wochen später droht dem Leiter der Religionspädagogischen Akademie St, Pölten, Franz Schmatz, die Suspendierung als Hochschullehrer und als Diakon, sollte er seine „Irrlehren“ nicht widerufen.

Dabei hat Schmatz gar nicht die kirchliche Ehelehre, sondern bloß den pastoralen Wert des vatikanischen Schreibens in Frage gestellt. Ist denn wirklich alles, was heute unter sakramentaler Ehe läuft, eine solche? Das vatikanische Dokument ist so sehr auf die Erst-Ehe als die einzig mögliche sakramentale Ehe fixiert, daß etwas anderes gar nicht in den Blick kommt. Salzburgs Erzbischof Georg Eder hat dieser Tage den Gläubigen die Sakramentenverweigerung für wiederverheiratete Geschiedene eingeschärft. Dabei ist ein Sakrament doch Christus- begegnung; in der Buße gewährt Christus Verzeihung für etwas, was nun einmal nicht mehr ungeschehen zu machen ist. Für Erzbischof Eder ist jedoch die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene eine Gutheißung einer Verbindung, „die ausdrücklich dem Willen Christ widerspricht“. Woher wissen Papst, Glaubenskongregation und manche Bischöfe, daß dem wirklich so ist? Ist es nicht ein falscher anthropologischer Ansatz, wenn Menschen die Umkehr nach einer zerbrochenen Ehe nicht ermöglicht wird? Eder selbst scheint diesem Gedanken nachzuhängen, wenn er bedauert, daß auch im innerkirchlichen Bereich über den sakramentalen Charakter der Ehe viel Unkenntnis festzustellen sei. Aber gerade das deutet doch an, daß auch die Ehe vor Irrtümern nicht gefeit ist. Es heißt nicht, die Ehe als Sakrament in Frage zu stellen, wenn man darauf hinweist, daß menschlich vieles schiefgehen kann. Doch dieser Gedanke beziehungsweise seine Einbindung in eine kluge, verantwortbare Sakramentenpastoral kommt in dem Schreiben und in manchen Bischofsworten entschieden zu kurz.

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